Leitsatz
Die Angabe, dass der Schuldner verfügungsbefugt zu einem Konto eines Dritten ist, darf im Rahmen der Drittauskünfte nach § 802l ZPO nicht geschwärzt werden.
AG Dortmund, Beschl. v. 7.1.2020 – 245 M 1377/19
1 I. Der Fall
Schwärzungen vereiteln Zwangsvollstreckung
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung und hat in diesem Rahmen die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt. Der Gerichtsvollzieher hat die Auskunft eingeholt, aber nur mit Schwärzungen an den Gläubigervertreter weitergereicht. Es war angegeben, dass dem Schuldner auf Konten Dritter eine Verfügungsberechtigung eingeräumt war. Die Namen der Dritten waren allerdings geschwärzt, so dass ein Zugriff auf die Ansprüche des Schuldners gegen die Dritten nicht möglich war.
Der Gläubiger wendet sich deshalb im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO gegen die Schwärzungen durch den Gerichtsvollzieher.
2 II. Die Entscheidung
Erinnerung gegen Art und Weise der Vollstreckung
Die nach § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist auch in der Sache begründet Der beteiligte Gerichtsvollzieher war nicht berechtigt, die Angaben in der eingeholten Drittauskunft zu Konten Dritter, über die der Schuldner verfügungsberechtigt ist, bei Übersendung der Drittauskunft an die Gläubigerin zu schwärzen.
Nutzung Konten Dritter
Es entspricht der herrschenden Rechtsauffassung, dass ein Gläubiger bei Übersendung der Drittauskunft auch Anspruch darauf hat zu erfahren, ob der Schuldner eine Verfügungsbefugnis über Konten Dritter hat (LG Ravensburg DGVZ 2013,214; AG Oldenburg JurBüro 2017,261; AG Wiesbaden DGVZ 2018,217; AG Hamburg-Sankt Georg JurBüro 2016,43).
AG sieht pfändbare Ansprüche
Zwar können diese Konten Dritter nicht selbst Gegenstand einer Pfändung der Gläubigerin sein. Pfändbar ist allerdings ein Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den Dritten nach § 667 BGB auf Herausgabe der auf dem Konto des Dritten zugunsten des Schuldners eingegangenen Gutschriften. Drittschuldner ist in diesem Falle der Kontoinhaber, nicht die Bank. Der Gläubiger hat aufgrund der entsprechenden Informationen die Möglichkeit zu ermitteln, ob pfändbare Einkünfte vorhanden sind, auf die zugegriffen werden kann.
Datenschutz ist kein Pfändungsschutz
Diese Möglichkeit darf einem Gläubiger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes genommen werden. Nach § 802l ZPO hat der Gerichtsvollzieher entsprechende Auskünfte einzuholen und mitzuteilen. Nur Daten, die zur Zwangsvollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher zu sperren oder zu löschen. Da auch bei Fremdkonten mit Verfügungsbefugnis zugunsten eines Schuldners ein berechtigtes Pfändungsinteresse im Bereich der Zwangsvollstreckung zugunsten eines Gläubigers besteht (Pfändung des Anspruchs nach § 667 BGB), sind entsprechende Daten in einer Drittauskunft zum Zwecke der Zwangsvollstreckung im Sinne des Gesetzes erforderlich und daher ungeschwärzt mitzuteilen.
Typische Schuldnertricks erkennen
Hintergrund ist, dass nicht selten Schuldner zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht eigene Konten benutzen, sondern Konten von ihnen nahestehenden Personen, wobei sich der Schuldner die notwendige Verfügungsbefugnis einräumen lässt. Solche Konstruktionen, die eine Zwangsvollstreckung verhindern sollen, finden in den gesetzlichen Regelungen keinen Schutz. Die Vorschrift des § 802l ZPO stellt vom Grundsatz her darauf ab, ob entsprechende Daten zur Zwangsvollstreckung erforderlich sind. Ist eine Erforderlichkeit zu bejahen, so haben die Interessen des Datenschutzes zurückzutreten. Der insoweit indirekt betroffene, das Konto innehabende Dritte ist auch nicht schutzwürdig, da er damit rechnen muss, dass Gläubiger des Schuldners, dem er die Verfügungsbefugnis über ein fremdes Konto erteilt hat, von ihrem Recht Gebrauch machen, sich möglicherweise bestehende Auszahlungsansprüche des Schuldners gegen den Dritten pfänden und überweisen zu lassen.
GV muss nachliefern
Der beteiligte Gerichtsvollzieher war daher anzuweisen, dem Antrag auf Übersendung der Drittauskunft insoweit nachzukommen, als dort die Angaben zu Konten Dritter, zu denen der Schuldner eine Verfügungsbefugnis besitzt, nicht zu schwärzen sind.
3 Der Praxistipp
Datenschutz kein Argument
Immer wieder kommt es zu Schwärzungen im Rahmen der Drittauskünfte, die mit Verweis auf den Datenschutz begründet werden. Das AG sieht richtig, dass dem jede Grundlage fehlt. Für den Schuldner ergibt sich dies schon aus § 802c ZPO, der ihn zu einer umfassenden Auskunft über sein Vermögen verpflichtet. Die Auskunftserteilung ist für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der betroffenen Person (des Schuldners) erforderlich und deshalb neben dem berechtigten Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO auch aus Art. 6 Abs. 1 lit b) DSGVO gerechtfertigt. Zudem erfüllt der Gerichtsvollzieher als Verantwortlicher im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. c) eine gesetzliche Verpflichtung.
Nichts anderes gilt dann für die Einbeziehung des Dritten in das Auskunftsverhältnis. Auch hier erfüllt der GV zun...