Leitsatz
1. Weist der Gerichtsvollzieher (GV), der den Schuldner beim Pfändungsversuch und bei dem Versuch zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht antrifft, jeweils schriftlich auf die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung hin, kann er jeweils eine Gebühr nach KV Nr. 208 für den Versuch der gütlichen Einigung in Ansatz bringen, auch wenn zwischen den beiden Versuchen der gütlichen Erledigung lediglich drei Wochen liegen.
2. Darin liegt keine unrichtige Sachbehandlung gemäß § 7 Abs. 1 GvKostG.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.3.2020 – 2 W 9/20
1 I. Der Fall
Antrag auf Sachpfändung mit anschließendem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft
Die Gläubigerin beauftragte den GV u.a. mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach vorherigem Pfändungsversuch gemäß §§ 802c, 807 ZPO. Weiter wurde unter dem Baustein G2 des Auftragsformulars beantragt, sofern der Schuldner wiederholt nicht anzutreffen sei, das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802f ZPO einzuleiten. Nach Buchstabe E des Antragsformulars bestand Einverständnis mit einer gütlichen Erledigung.
Doppelter Hinweis auf die gütliche Erledigung
Der GV hat den Schuldner im Pfändungsverfahren am 28.9.2017 und 19.10.2017 aufgesucht, diesen jedoch bei beiden Vollstreckungsversuchen nicht angetroffen. Mit Schreiben vom 28.9.2017 wies der GV u.a. auf die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung hin. Der GV hat dem Schuldner sodann am 19.10.2017 die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt und in dem Ladungsschreiben erneut auf die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung hingewiesen.
Doppelte Abrechnung der gütlichen Einigung
Im Rahmen seiner Kostenrechnungen setzte der GV jeweils eine Gebühr nach KV 208 in Höhe von 8 EUR an. Gegen den Ansatz dieser weiteren Gebühr für eine versuchte gütliche Einigung nach KV 208 in Höhe von 8 EUR nebst anteiliger Auslagenpauschale neben der bereits in der vorherigen Rechnung berechneten Gebühr nach KV 208 hat sich der Bezirksrevisor mit seiner Erinnerung gewendet. Der erneute schriftlich unternommene Versuch des GV zur gütlichen Erledigung nach einem im Pfändungsverfahren drei Wochen zuvor unternommenen Versuch zur gütlichen Erledigung müsse als unrichtige Sachbehandlung angesehen werden. Demnach dürften diese Kosten nicht erhoben werden. Vor AG und LG blieb die Beschwerde erfolglos, so dass nunmehr das OLG zu entscheiden hat.
2 II. Die Entscheidung
OLG: Zwei Aufträge führen zu zwei Gebühren
Die von dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse eingelegte weitere Beschwerde ist gemäß §§ 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 4 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Es lagen zwei Vollstreckungsaufträge gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GvKostG vor mit der Folge, dass der GV dem Gläubiger zu Recht zweimal die Gebühr aus KV 208 in Höhe von jeweils 8 EUR nebst der anteiligen Auslagenpauschale in Rechnung gestellt hat.
Gleichzeitige Beauftragung
Gemäß Nrn. 207, 208 KV GvKostG beträgt die Gebühr für einen Versuch der gütlichen Erledigung hinsichtlich der Einholung einer Vermögensauskunft des Schuldners 8 EUR. Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GvKostG erfüllt. Danach gilt der GV auch dann als gleichzeitig beauftragt, wenn der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden ist (§ 807 Abs. 1 ZPO), es sei denn, der GV nimmt die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, weil der Schuldner nicht anwesend ist. So liegt es hier. Der GV hat den Schuldner gleich zweimal nicht angetroffen. Er hat auch bei jedem seiner Vollstreckungsversuche, einschließlich der beabsichtigten Abnahme der Vermögensauskunft, Bemühungen entfaltet, zu einer – von dem Gläubiger beauftragten – gütlichen Erledigung zu kommen. Inwieweit dies möglich war, vermochte der GV zuvor nicht zu erkennen, da er den Schuldner nicht angetroffen hatte und daher keine Erkenntnisse dahingehend hatte, ob und inwieweit der Schuldner zu einer gütlichen Erledigung willens und in der Lage war (vgl. auch LG Verden DGVZ 2019, 164).
Keine unrichtige Sachbehandlung
Die Erhebung der mit der Beschwerde angefochtenen Gebühr ist nicht wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 7 Abs. 1 GvKostG ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 7 GvKostG normiert den Einwand der unrichtigen Sachbehandlung. Geregelt wird also die Befreiung des Kostenschuldners von Kosten infolge fehlerhaften Verhaltens des GV.
Der Fehler muss offensichtlich sein
"Fehler" in diesem Sinne bedeutet, dass nur ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige Gesetzesbestimmungen oder ein offensichtliches Versehen eine unrichtige Sachbehandlung darstellt. Von dem Begriff "Gesetzesbestimmungen" werden zum einen gesetzliche Bestimmungen, aber auch Verwaltungsbestimmungen, wie etwa GVGA oder DB-GvKostG, umfasst. Keine unrichtige Sachbehandlung liegt vor, wenn eine im Ermessen des GV liegende vertretbare Handlung gegeben war; ein Ermessen führt erst bei seiner Überschreitung zur Unrichtigkeit. Auch eine nur unsachgemäße Behandlung einer Sache durch den GV re...