Lineare Erhöhung der Gebühren
Der Referentenentwurf sieht zunächst lineare Erhöhungen der streitwertabhängigen Gebühren von durchschnittlich 6 % und der Festgebühren von 9 % vor, wobei im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) die Mindestgebühr bei 15 EUR bleibt.
Die Differenzierung zwischen der geringeren Erhöhung bei den streitwertabhängigen Gebühren und den Festgebühren begründet der Entwurf mit dem (vermeintlichen) Umstand, dass inflationsbedingt auch die Gegenstandswerte gestiegen seien, was bereits eine Anhebung des Vergütungsniveaus herbeiführe.
Hinweis
Dies kann aber nur dann gelten, wenn die Steigerung des Gegenstandswertes zugleich zu einem Gebührensprung führt. Erhöht sich etwa der nicht gezahlte Preis für ein Produkt von 199 EUR auf 249 EUR, bleibt dies ohne jede Konsequenz. Es ist deshalb zweifelhaft, insbesondere im Referentenentwurf nicht begründet, ob es zu einer relevanten Zahl von Gebührensprüngen kommt, die in der Summe die um 3 % niedrigere lineare Erhöhung der streitwertabhängigen Gebühren ausgleicht.
Übersicht: Gebühren nach dem Referentenentwurf im RVG
Unveränderte Gebühr bei den Kleinforderungen
Verfassungsrechtlich zumindest diskussionswürdig nimmt der Referentenentwurf von der für erforderlich gehaltenen linearen Gebührenerhöhung die Kleinforderungsregelung in § 13 Abs. 2 RVG ebenso aus wie die Mindestgebühr nach § 13 Abs. 3 RVG. Die 1,0-Geschäftsgebühr bleibt also für unstreitige Forderungen bis 50 EUR bei 30 EUR und die Mindestgebühr bei 15 EUR. Begründet wird dies bei Kleinforderungen mit dem Bestreben, ein Missverhältnis zwischen dem Forderungsbetrag und den "Inkassokosten" zu vermeiden. Es geht aber in § 13 Abs. 2 RVG nicht um Inkassokosten, sondern um die Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts. Der Vorschlag überzeugt in der Sache nicht und ist auch nicht konsequent gedacht. Die angenommene Erhöhung der Gegenstandswerte greift nämlich auch hier, sodass auch nach einer Erhöhung der Ausgangsgebühr von 30 EUR auf 31,80 EUR (+6 %) der relative wie absolute Abstand zwischen der inflationsbedingt erhöhten Forderung und den Rechtsverfolgungskosten gleich bleibt. So wird der Abstand der Sondergebühr zu den allgemeinen Gebühren in einem ohnehin nicht mehr auskömmlichen Segment weiter zu Lasten der Rechtsanwälte und Inkassodienstleister vergrößert.
Vorschläge von BRAK und DAV nicht aufgenommen
Der Referentenentwurf bleibt in den linearen Erhöhungen hinter den Forderungen der Praxis um eine Erhöhung von 10 bis 11,5 % zurück und nimmt die weitergehenden Vorschläge des DAV und der BRAK zu strukturellen Änderungen leider nicht auf. So wurde – zu Recht – gefordert, den Anwendungsbereich von Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG auf vertragliche Ansprüche gegen Verbraucher zu beschränken, d.h. Forderungen im B2B ebenso wie Forderungen aus Bereicherungsrecht und aus unerlaubter Handlung aus dem Anwendungsbereich auszunehmen. Antworten dazu gibt der Gesetzentwurf nicht. Es bleibt zu hoffen, dass hier im Gesetzgebungsverfahren noch nachgebessert wird.