FoVo hat schon berichtet
Viele Leser plagen sich mit diesem Problem, sodass wir es in der Vergangenheit schon häufiger aufgegriffen haben. Zuletzt hatten wir einen Beitrag zu der Frage "Wie weit reicht die Prüfungskompetenz des Gerichtsvollziehers im Hinblick auf die Zahlungsverrechnung?" in Fovo 2022, 221 veröffentlicht. Bei der Frage des Lesers geht es nun um die Monierung des Vollstreckungsgerichts, mithin des Rechtspflegers (§ 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG). Die Antwort auf die Frage ist aber die gleiche und insoweit auch höchstrichterlich geklärt.
Was will das Vollstreckungsorgan prüfen?
Das Vollstreckungsorgan möchte ausgehend von der ursprünglichen Forderung im Vollstreckungstitel alle Vorgänge der eingebuchten Kosten und Zinsen und alle Zahlungen prüfen.
Das ist auf zwei Ebenen fehlerhaft:
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Soweit die Kosten oder Zinsen nach der Verrechnung des Gläubigers entsprechend §§ 366, 367 BGB erfüllt sind, macht der Gläubiger sie nicht zum Gegenstand des Vollstreckungsauftrags. Ist eine Forderung aber nicht Gegenstand des Vollstreckungsantrages, kann sich auch die Prüfung des Vollstreckungsorgans hierauf nicht beziehen. Der Gläubiger hat die Dispositionsbefugnis, wenn er Beginn und Ende, aber eben auch Art und Umfang der Zwangsvollstreckung bestimmt (hierzu Rauscher, in MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, Einl. Vor § 1 Rn 434) |
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Wenn man davon ausgehen wollte, dass der Gläubiger die erfolgten Teilzahlungen falsch verrechnet hätte, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass die unzutreffend verrechneten Zahlungen die Resthauptforderung weiter schmälern würden. Diese wäre also in größerem Umfang erfüllt. Die Erfüllung ist in § 362 BGB geregelt, sodass es sich unbestreitbar um einen materiell-rechtlichen Einwand handelt, der zum einen nur vom Schuldner geltend gemacht werden kann, zum anderen nur mit der Vollstreckungsgenklage nach § 767 ZPO Gehör findet. Im Vollstreckungsverfahren sind materiell-rechtliche Einwendungen dagegen nicht zu prüfen. |
Der BGH hat die Frage längst geklärt
Der BGH betont, dass materiell-rechtliche Fragen einer Prüfung durch die Vollstreckungsorgane im streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entzogen sind (BGH v. 15.6.2016 – VII ZB 58/15 Rn 21, juris; BGH v. 14.7.2011 – VII ZB 118/09 Rn 17, juris). Ob den Bestimmungen der §§ 366, 367 BGB gemäß verrechnet und insoweit Erfüllung der Forderungen des Gläubigers gemäß § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, ist auch nach seiner Auffassung eine materiell-rechtliche Frage – wie sich schon aus der Stellung im BGB als Teil der Vorschriften über die Erfüllung ergibt – und damit einer Überprüfung durch das Vollstreckungsorgan nicht zugänglich (ebenso OLG Hamm DGVZ 1980, 153, 154; LG Rottweil DGVZ 1995, 169; LG Lübeck DGVZ 1987, 29; LG Berlin Rpfleger 1971, 261; LG Bonn NJW 1965, 1387; BeckOK-ZPO/Preuß, Stand: 1.9.2022, § 788 Rn 39; Behr, NJW 1992, 2738, 2739; Schilken, DGVZ 1991, 1, 3 f.; zur Ausnahme der Prüfung des Erfüllungseinwandes im Rahmen der Vollstreckung gemäß §§ 887 ff. ZPO vgl. BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 32/04).
Anlagen 6 bis 8 der ZVFV: keine Möglichkeit, Zahlungen anzugeben
Von dieser Beschränkung der Prüfungskompetenz geht offensichtlich auch der Verordnungsgeber mit der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung aus. Im Rahmen der Forderungsaufstellung sind in den Anlagen 6 bis 8 allein die Resthauptforderung, nicht aber die dazu führenden Teilzahlungen anzugeben. Entsprechende Eingabefelder sieht der Verordnungsgeber im Formular nicht vor.
Monierung ist mithin zurückzuweisen
Das Vollstreckungsgericht ist also nicht befugt, eine von dem Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gemäß § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen. Vollstreckungsorgane sind in Erfüllung der verfassungsrechtlichen Vorgaben vielmehr verpflichtet, den nicht zuletzt auch aus dem Eigentumsrecht (Art 14 GG) resultierenden Anspruch auf eine effektive Zwangsvollstreckung umzusetzen (Art 19 Abs. 4 GG). Den dem Schuldner zukommenden verfassungsrechtlichen Schutzrechten hat der Gesetzgeber einerseits durch die vielfältigen Pfändungsschutzvorschriften und andererseits durch die diesem zur Verfügung stehenden Rechtsmittel Rechnung getragen.
Schuldner hat Rechte und muss handeln
Der Schuldner wird damit allerdings nicht rechtlos gestellt. Er hat einen Anspruch auf die Darstellung der Verrechnung und die Dokumentation durch die Übersendung einer Forderungsaufstellung, aber eben unmittelbar gegenüber dem Gläubiger und nicht gegenüber dem Vollstreckungsorgan. Hat er hier Beanstandungen vorzubringen, so erfolgt die gerichtliche Überprüfung im Rahmen einer vom Schuldner zu erhebenden Vollstreckungsgegenklage (BGH v. 15.6.2016 – VII ZB 58/15 Rn 21, juris; LG Wuppertal DGVZ 2011, 113; LG Rottweil DGVZ 1995, 169; LG Frankfurt a.M. DGVZ 1988, 42; LG Lübeck DGVZ 1987, 29; LG Gießen Rpfleger 1985, 245; LG Bonn NJW 1965, 1387; HK-ZPO/Kindl, 6. Aufl., § 753 Rn 6; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 754 Rn 6; Gottwald/Mock/Mock, ZPO, 6. Aufl., § 829 Rn 53; Behr...