I. Das Problem

Darstellung einer zu vollstreckenden Resthauptforderung

Wir ziehen für einen Gläubiger eine titulierte Forderung von 1.000 EUR ein. Zwischen der Titulierung und einem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat der Schuldner eine Teilzahlung geleistet, die auf Kosten und Zinsen und zu einem kleinen Teil auf die Hauptforderung verrechnet wurde. Es verblieben aktuell nur noch eine Resthauptforderung von 991,70 EUR und die laufenden Zinsen. Das haben wir in die Anlage 7 zur ZVFV folgendermaßen eingetragen.

Gericht moniert mangelnde Angabe der Zahlungen

Das Gericht leitet daraus ab, dass Zahlungen zwischen Titel und Antrag geleistet wurden, was ja auch korrekt ist. Es moniert aber Folgendes:

Zitat

"Es fehlt eine auf der titulierten Forderung basierende nachvollziehbare und detaillierte Forderungsaufstellung, die auch sämtliche Kosten und Zinsen und Zahlungen der Schuldnerin (Höhe, Datum, Verrechnung auf …) bis zur Antragstellung enthält, § 367 Abs. 1 BGB. Die Kosten der bisherigen Zwangsvollstreckung (auch solche von bereits getilgten Beträgen) sind zu belegen. Um Nachreichung der Unterlagen wird gebeten."

Leider sind das inzwischen keine Einzelfälle mehr, sondern solche Monierungen häufen sich. Wir fragen uns deshalb, ob wir den Aufwand tatsächlich treiben müssen, dann immer wieder das vollständige Forderungskonto zu versenden. Was meint das Team der FoVo dazu?

II. Die Lösung

FoVo hat schon berichtet

Viele Leser plagen sich mit diesem Problem, sodass wir es in der Vergangenheit schon häufiger aufgegriffen haben. Zuletzt hatten wir einen Beitrag zu der Frage "Wie weit reicht die Prüfungskompetenz des Gerichtsvollziehers im Hinblick auf die Zahlungsverrechnung?" in Fovo 2022, 221 veröffentlicht. Bei der Frage des Lesers geht es nun um die Monierung des Vollstreckungsgerichts, mithin des Rechtspflegers (§ 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG). Die Antwort auf die Frage ist aber die gleiche und insoweit auch höchstrichterlich geklärt.

Was will das Vollstreckungsorgan prüfen?

Das Vollstreckungsorgan möchte ausgehend von der ursprünglichen Forderung im Vollstreckungstitel alle Vorgänge der eingebuchten Kosten und Zinsen und alle Zahlungen prüfen.

Das ist auf zwei Ebenen fehlerhaft:

Soweit die Kosten oder Zinsen nach der Verrechnung des Gläubigers entsprechend §§ 366, 367 BGB erfüllt sind, macht der Gläubiger sie nicht zum Gegenstand des Vollstreckungsauftrags. Ist eine Forderung aber nicht Gegenstand des Vollstreckungsantrages, kann sich auch die Prüfung des Vollstreckungsorgans hierauf nicht beziehen. Der Gläubiger hat die Dispositionsbefugnis, wenn er Beginn und Ende, aber eben auch Art und Umfang der Zwangsvollstreckung bestimmt (hierzu Rauscher, in MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, Einl. Vor § 1 Rn 434)
Wenn man davon ausgehen wollte, dass der Gläubiger die erfolgten Teilzahlungen falsch verrechnet hätte, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass die unzutreffend verrechneten Zahlungen die Resthauptforderung weiter schmälern würden. Diese wäre also in größerem Umfang erfüllt. Die Erfüllung ist in § 362 BGB geregelt, sodass es sich unbestreitbar um einen materiell-rechtlichen Einwand handelt, der zum einen nur vom Schuldner geltend gemacht werden kann, zum anderen nur mit der Vollstreckungsgenklage nach § 767 ZPO Gehör findet. Im Vollstreckungsverfahren sind materiell-rechtliche Einwendungen dagegen nicht zu prüfen.

Der BGH hat die Frage längst geklärt

Der BGH betont, dass materiell-rechtliche Fragen einer Prüfung durch die Vollstreckungsorgane im streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entzogen sind (BGH v. 15.6.2016 – VII ZB 58/15 Rn 21, juris; BGH v. 14.7.2011 – VII ZB 118/09 Rn 17, juris). Ob den Bestimmungen der §§ 366, 367 BGB gemäß verrechnet und insoweit Erfüllung der Forderungen des Gläubigers gemäß § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, ist auch nach seiner Auffassung eine materiell-rechtliche Frage – wie sich schon aus der Stellung im BGB als Teil der Vorschriften über die Erfüllung ergibt – und damit einer Überprüfung durch das Vollstreckungsorgan nicht zugänglich (ebenso OLG Hamm DGVZ 1980, 153, 154; LG Rottweil DGVZ 1995, 169; LG Lübeck DGVZ 1987, 29; LG Berlin Rpfleger 1971, 261; LG Bonn NJW 1965, 1387; BeckOK-ZPO/Preuß, Stand: 1.9.2022, § 788 Rn 39; Behr, NJW 1992, 2738, 2739; Schilken, DGVZ 1991, 1, 3 f.; zur Ausnahme der Prüfung des Erfüllungseinwandes im Rahmen der Vollstreckung gemäß §§ 887 ff. ZPO vgl. BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 32/04).

Anlagen 6 bis 8 der ZVFV: keine Möglichkeit, Zahlungen anzugeben

Von dieser Beschränkung der Prüfungskompetenz geht offensichtlich auch der Verordnungsgeber mit der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung aus. Im Rahmen der Forderungsaufstellung sind in den Anlagen 6 bis 8 allein die Resthauptforderung, nicht aber die dazu führenden Teilzahlungen anzugeben. Entsprechende Eingabefelder sieht der Verordnungsgeber im Formular nicht vor.

Monierung ist mithin zurückzuweisen

Das Vollstreckungsgericht ist also nicht befugt, eine von dem Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge