Leitsatz
1. Es steht dem Gläubiger frei, bereits bei Beauftragung des GV aus seiner Sicht erforderliche Fragen aufzulisten.
2. Ob der Schuldner Fragen des Gläubigers beantworten muss, die über diejenigen hinausgehen, welche im herkömmlich verwendeten Formblatt zur Erstellung des Vermögensverzeichnisses enthalten sind, hängt davon ab, ob die zusätzlichen Fragen auf die konkrete Schuldnersituation abstellen oder aber ohne erkennbaren Zusammenhang mit dem konkreten Lebenssachverhalt lediglich der allgemeinen Ausforschung im Wege der Befragung auf Verdacht dienen.
BGH, Beschl. v. 2.5.2024 – I ZB 61/23
1 Der Fall zusammengefasst
Zusatzfragen bei Abnahme der Vermögensauskunft …
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss. Sie beantragte die Abnahme einer Vermögensauskunft des Schuldners und formulierte im Antrag folgende vier Zusatzfragen an den Schuldner:
1. Die Mutter des Schuldners ist mittlerweile 80 Jahre alt. Gab oder gibt es einen vorzeitigen Erbausgleich und, falls ja, in welchem Umfang? 2. Hat der Schuldner Geschwister, wenn ja, sind Name und ladungsfähige Anschrift zwecks Pflichtteilsansprüchen anzugeben. 3. Hat der Schuldner einen Pflichtteil beim Ableben seines Vaters erhalten bzw. geltend gemacht? 4. Gibt es einen Erbvertrag seitens der Mutter zugunsten des Schuldners und, falls ja, mit welchem Inhalt?
… die nicht gestellt wurden
Die Gerichtsvollzieherin (GV) nahm die beantragte Vermögensauskunft des Schuldners ab. Die Zusatzfragen beantwortete dieser nicht. Die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben versicherte er an Eides statt. Auf Nachfrage der Gläubigerin teilte die GV mit, die Zusatzfragen seien ohne förmliche Ablehnung zu übergehen gewesen, weil der Schuldner die im Formular enthaltene Frage zu Anteilen an Erbengemeinschaften, Pflichtteilsansprüchen und Erbersatzansprüchen verneint habe.
Verlangen nach erweiterten Zusatzfragen erfolglos
Hiergegen hat die Gläubigerin Erinnerung eingelegt und beantragt, die GV anzuweisen, dem Schuldner – einschließlich der bereits bisher sinngemäß gestellten Zusatzfragen – insgesamt sieben Zusatzfragen zu stellen und dessen eidesstattliche Versicherung ergänzen zu lassen:
1. Die Mutter des Schuldners ist mittlerweile 80 Jahre alt. Gab oder gibt es einen vorzeitigen Erbausgleich und, falls ja, in welchem Umfang? 2. Hat der Schuldner Geschwister, wenn ja, sind Name und ladungsfähige Anschrift anzugeben zwecks Pflichtteilsansprüchen und Pflichtteilsergänzungsansprüchen und Ansprüchen aufgrund Erbverzichts. 3. Hat der Schuldner auf sein Erbe bei Ableben seines Vaters oder bereits jetzt im Falle des Ablebens der Mutter verzichtet und, falls ja, wann und mit welcher Gegenleistung? 4. Hat der Schuldner einen Pflichtteil beim Ableben seines Vaters erhalten bzw. geltend gemacht? 5. Gibt es einen Erbvertrag seitens der Mutter zugunsten des Schuldners und, falls ja, mit welchem Inhalt? 6. Sind zugunsten des Schuldners auf dem Grundstück in F und auf dem Grundstück in A Grunddienstbarkeiten zugunsten des Schuldners, beispielsweise in Form von Wohnrechten, Rentenschulden, Auflassungsvormerkungen eingetragen? 7. Wurde bei Ableben des Vaters des Schuldners eine Vor- und Nacherbschaft zugunsten des Schuldners angeordnet?
AG und LG: Fragen seien beantwortet oder der Schuldner sei nicht auskunftspflichtig
Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Fragen der Gläubigerin nach einem vorzeitigen Erbausgleich, Ansprüchen aufgrund Erbverzichts, einem Pflichtteil nach dem Tod des Vaters, Grunddienstbarkeiten und nach einer Vorerbschaft nach dem Tod des Vaters seien durch die Vermögensauskunft des Schuldners ausreichend beantwortet. Sämtliche sonstigen Zusatzfragen bezögen sich nicht auf bestehende Vermögensgegenstände, sondern auf eventuelle künftige Ansprüche nach dem Tod der Mutter. Es bestehe keine Vergleichbarkeit mit den Fällen, in denen sich die Auskunftspflicht auch auf künftige Forderungen des Schuldners erstrecke, wenn nämlich der Rechtsgrund und der Drittschuldner der Forderung im Zeitpunkt der Auskunftserteilung hinreichend bestimmt seien. Eine Pfändung von Pflichtteilsansprüchen vor Eintritt des Erbfalls sei unzulässig. Der BGH habe allein über die Pfändbarkeit eines Pflichtteilsanspruchs nach Eintritt des Erbfalls – als dann in seiner Verwertbarkeit durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO aufschiebend bedingter Anspruch – entschieden (BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 116/92; BGH NJW-RR 2009, 997). Auch über mögliche künftige Erbfälle seien keine Angaben des Schuldners erforderlich.
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag weiter. Sie bringt vor, der Schuldner habe in seiner Vermögensauskunft angegeben, im Haushalt seiner Mutter zu leben. Die Eltern des Schuldners hätten früher ein Familienunternehmen als Raumausstatter geführt und in diesem Zusammenhang zwei bebaute Grundstücke erworben. Die Mutter des Schuldners...