Mit der Pfändung beginnt die Informationsbeschaffung
Soweit der Gläubiger es mit dem Antrag auf Pfändung einer Forderung gegen einen Dritten nach § 829 ZPO begehrt, erhält er die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO vom Drittschuldner und damit die Erfüllung der ersten Säule der dreistufigen Informationsermittlung nach der Forderungspfändung. Die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung ist in die Anlage 4 nach der ZVFV, den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses aufzunehmen:
Der Drittschuldner hat dem Gläubiger sodann die Informationen nach Maßgabe des § 840 ZPO zu erteilen. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Obliegenheit. Die Auskunft kann also nicht erzwungen werden (siehe zur Drittschuldnerauskunft auch Goebel, Sieben Wahrheiten zur Drittschuldnerauskunft im Praxistest, FoVo 2023, 161; Goebel, Erneutes Auskunftsverlangen nach § 840 ZPO kann Vollstreckung optimieren und neue Impulse geben, FoVo 2023, 187). Er darf und muss danach darauf hoffen, dass ihm Zahlungen zur Befriedigung der Vollstreckungsforderung zufließen. Häufig unterbleibt dies, sodass der Bestand der Vollstreckungsforderung nicht sinkt, sondern im Gegenteil durch die Kosten der Pfändungsmaßnahme sogar steigt. Der Gläubiger muss hier in Vorlage treten. Es kann deshalb sinnvoll sein, den gepfändeten Anspruch weiter zu hinterfragen, bevor der Versuch unternommen wird, bei einer nicht oder nur unzureichend übersandten Drittschuldnererklärung weiter vorzugehen.
Wichtige Erkenntnisquelle: mitgepfändete Nebenrechte
Die Drittschuldnerauskunft nach § 840 ZPO umfasst nach allgemeiner Meinung keine Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen. Der Drittschuldner als Auskunftsquelle bleibt deshalb nur dann als weitere Erkenntnisquelle erhalten, wenn diesbezügliche Nebenrechte des Schuldners mitgepfändet wurden.
Lohnabrechnung
So hat der BGH im Sinne der Gläubiger entschieden, dass bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung einen unselbstständigen Nebenanspruch darstellt, weil es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können. Wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Schuldner gegen den Drittschuldner derartige Ansprüche auf Lohnabrechnung zustehen, werden diese angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner (Arbeitgeber) bei einer Lohnpfändung mitgepfändet (BGH FoVo 2013, 56). Das hindert nicht, diesen Herausgabeanspruch ausdrücklich im Pfändungsformular nach der Anlage 5 zur ZVFV im Modul M aufzuführen, um die Herausgabemotivation zu erhöhen.
Beispiel für Modul M bei der Pfändung von Arbeitseinkommen
Nicht: Kontoauszüge
Andererseits hat der BGH allerdings auch entschieden, dass der Anspruch des Kontoinhabers auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen einen selbstständigen Anspruch aus dem Girovertrag darstellt, der bei einer Kontenpfändung nicht als Nebenanspruch mit der Hauptforderung mitgepfändet werden kann, sodass eine Herausgabe der Kontoauszüge beim Drittschuldner nicht erreicht werden kann (BGH FoVo 2008, 163). Vor diesem Hintergrund muss also stets im Einzelfall geprüft werden, welche Nebenrechte mitgepfändet sind. Dies setzt wiederrum voraus, dass geklärt wird, welche Rechte der Schuldner gegenüber dem Drittschuldner hat, um daraus abzuleiten, ob es sich um selbstständige oder unselbstständige Rechte handelt, sodass der gesetzliche Rechtsübergang begründet werden kann.
Weitere Informationsquelle: der Schuldner
Ist der Drittschuldner sicher die verlässlichere, in ihrer Verpflichtung aber auch begrenzte Auskunftsperson, muss für weitere Informationen (auch) der Schuldner in den Blick genommen werden.
Hinweis
Es sollte immer der Versuch gemacht werden, den Schuldner um freiwillige Auskünfte zu bitten. Nicht jeder Schuldner zeigt sich hier verschlossen. Es liegt auch im Interesse des Schuldners, keine weiteren kostenauslösenden Maßnahmen zu provozieren, da er jedenfalls im Ergebnis diese Kosten zu tragen hat, § 788 ZPO. Da der Gläubiger aber auch insoweit das Liquiditätsrisiko trägt, besteht sein Interesse gleichermaßen an einem kooperativen Vorgehen.
Der Schuldner ist nach der Pfändung und Überweisung aber auch nach § 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben.
Zitat
Im Wortlaut: § 836 Abs. 3 ZPO – Die Wirkung der Überweisung
(3) 1Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. 2Erteilt der Schuldner die Auskunft nicht, so ist er auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, sie zu Protokoll zu geben und seine Angaben an Eides statt zu versichern. 3Der gemäß § 802e zuständige Gerichtsvollzieher lädt den Schuldner zur Abgabe der Auskunft und eidesstattlichen Versicherung. 4Die Vorschriften des § 802f Abs. 6 und der §§ 802g bis 802i, 802j Abs. 1 und 2 gel...