BGH folgt den Vorinstanzen nicht
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Der BGH unterscheidet zunächst verschiedene Fälle, um die dann hier die besondere Konstellation zu entscheiden.
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Ist eine juristische Person Vollstreckungsschuldnerin, so ist, weil sie nicht selbst handlungsfähig ist, für die Prüfung einer Zuwiderhandlung gemäß § 890 ZPO auf das Handeln ihrer Organe abzustellen, deren schuldhafte Zuwiderhandlung sie sich nach § 31 BGB zurechnen lassen muss (BVerfG GRUR 2007, 618). |
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Ist die juristische Person ausschließliche Titelschuldnerin, ist bei einer schuldhaften Zuwiderhandlung das Ordnungsgeld gegen die juristische Person und die ersatzweise bestimmte Ordnungshaft gegen das Organmitglied festzusetzen, das schuldhaft gegen das Verbot verstoßen hat (BGH, 12.1.2012 – I ZB 43/11, GRUR 2012, 541; MüKo-ZPO/Gruber, 6. Aufl., § 890 Rn 24; Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 890 Rn 12; Rensen, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 890 Rn 49; Zöller/Seibel, ZPO, 35. Aufl., § 890 Rn 7). |
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Sind sowohl eine juristische Person als auch ihr Organ aus einem Vollstreckungstitel zur Unterlassung verpflichtet und handelt das Organ im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit für die juristische Person dem Verbot zuwider, so ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH nur gegen die juristische Person ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO festzusetzen (BGH GRUR 2012, 541; Zöller/Seibel a.a.O. § 890 Rn 7; Teplitzky/Schilling, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 13. Aufl., Kap. 57 Rn 34; Sturhahn, in: Schuschke/Walker/Kessen/Thole, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 8. Aufl., § 890 ZPO Rn 46; a.A. Lackmann, in: Musielak/Voit a.a.O. § 890 Rn 12; Rensen, in: Wieczorek/Schütze a.a.O. § 890 Rn 49; MüKo-ZPO/Gruber a.a.O. § 890 Rn 24; zur Vertragsstrafe vgl. BGH v. 8.5.2014 – I ZR 210/12, GRUR 2014, 797 = WRP 2014, 948 – fishtailparka). |
BGH: Gesamtschuldnerische Haftung ist im Grundsatz nicht geboten und deutet Rechtsprechungswechsel an
Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, es bestehe kein Anlass, aufgrund einer der juristischen Person nach § 31 BGB zurechenbaren schuldhaften Zuwiderhandlung ihres Organs daneben zusätzlich Ordnungsmittel gegen das Organ festzusetzen oder dessen gesamtschuldnerische Haftung zu begründen (BGH GRUR 2012, 541). Mit dem Sinn und Zweck der Ordnungsmittel nach § 890 ZPO, die neben der Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven strafähnlichen Sanktionscharakter haben, sei es schwerlich vereinbar, dass aufgrund der von einer natürlichen Person begangenen Zuwiderhandlung ein und dasselbe Ordnungsmittel gegen mehrere Personen festgesetzt wird (BGH GRUR 2012, 541; zum Verbot der Doppelahndung gegenüber ein und demselben Schuldner vgl. BGH, 21.4.2022 – I ZB 56/21, GRUR 2022, 1379 = WRP 2022, 1263). Ob an dieser Rechtsprechung im Hinblick auf die mittlerweile geltenden Grundsätze der eigenständigen Haftung des Geschäftsführers einer Gesellschaft (dazu BGH, 18.6.2014 – I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 – Geschäftsführerhaftung) festzuhalten ist, kann im Streitfall offenbleiben.
Neue Fallkonstellation: Nur das Organ ist Titelschuldner
Ist allein das Organ einer juristischen Person Titelschuldner, sind Ordnungsmittel im Falle einer schuldhaften Zuwiderhandlung des Organs gegen den Vollstreckungstitel (allein) gegen das Organ festzusetzen. In einem solchen Fall droht die Gefahr der unangemessenen Festsetzung von Ordnungsmitteln wegen einer von einer natürlichen Person begangenen Handlung gegenüber mehreren Personen nicht. Es besteht deshalb kein Anlass, von dem Grundsatz abzuweichen, dass es für die Prüfung einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel gemäß § 890 ZPO nicht darauf ankommt, in welcher Eigenschaft und für wen der Vollstreckungsschuldner tätig geworden ist (hierzu vgl. Ahrens/Büttner, Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 69 Rn 29; Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 890 ZPO Rn 41).
Organhandlung berührt persönliche Verpflichtung nicht
Der Umstand, dass das Organ die Zuwiderhandlung im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit für die juristische Person vorgenommen hat, ändert nichts daran, dass das Organ gegen eine (ausschließlich) ihm persönlich auferlegte Unterlassungspflicht verstoßen hat. Ist etwa eine Einzelperson zur Unterlassung verurteilt, so ist gegen sie auch dann ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO zu verhängen, wenn sie den schuldhaften Verstoß als Organ einer nachfolgend gegründeten juristischen Person begangen hat (OLG Koblenz WRP 1978, 833; vgl. auch OLG Hamm GRUR 1979, 807 [juris Rn 6], dessen Auffassung, ein Ordnungsmittel sei gegen den nunmehrigen Geschäftsführer zu verhängen, auch wenn die juristische Person als Rechtsnachfolgerin ebenfalls Titelschuldnerin sei, allerdings mit der vorstehend dargestellten BGH-Entscheidung nicht vereinbar sein dürfte).
Deshalb: Es ist anders zu entscheiden
Entgegen der Auffassung des OLG steht danach ...