Argumentation des AG fehlerhaft

Das tragende Argument des AG trifft nicht zu. Nach § 802d Abs. 1 S. 4 setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner nämlich nur von der Zuleitung des Ausdrucks der VA in Kenntnis und nicht schon von einem Antrag des Gläubigers. Kommt es also nicht zur Zuleitung, weil der Gläubiger auf die Übersendung ab einem bestimmten Alter verzichtet, so erfolgt also weder eine Benachrichtigung des Schuldners noch eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis. Letzteres wäre aber unmittelbare Folge der Entscheidung, was – auch – den Schuldner unangemessen benachteiligen würde, da die Löschung ja an der Eintragung anknüpft und die Löschungsfrist mit jeder neuen Eintragung neu zu laufen beginnt, §§ 882c Abs. 1 Nr. 2 und 3, 882e ZPO. Auch müsste der Schuldner letztlich die Kosten einer unnütz beantragten Vermögensauskunft tragen, § 788 ZPO, und ggf. sogar von Maßnahmen, die aufgrund der in ihr enthaltenen, aber veralteten Angaben ausgelöst werden.

Auffassung lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen

Die Auffassung, dass vom Antragsrecht des Gläubigers nicht umfasst sei zu bestimmen, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen er die – nach Nr. 261 KV GVKostG mit 25 EUR kostenpflichtige – Übermittlung eines bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses verlangen möchte, ist unzutreffend. Eine solche Auffassung lässt sich mit Wortlaut, Sinn und Zweck, der Gesetzesbegründung sowie der Gesetzgebungsgeschichte und damit den einschlägigen Auslegungsregeln zur gesetzlichen Regelung nicht in Einklang bringen (ausführlich hierzu Goebel, Zuleitung des Vermögensverzeichnisses, FoVo 2013, 86–91).

Kein Bedürfnis für eine gewandelte Rechtsprechung

Es entsprach der bisherigen und nicht geänderten Rechtslage sowie der Praxis, dass der Gläubiger im Rahmen seiner Antragstellung bestimmte, in welchen Fällen er ein bereits abgegebenes Vermögensverzeichnis übersandt haben möchte. Es ist weder der Gesetzesbegründung noch der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu entnehmen, dass der Gesetzgeber an dieser Rechtslage etwas ändern wollte. Demgegenüber hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass der Grundsatz effizienter Vollstreckung verlangt, dass jeder überflüssige Aufwand vermieden wird (BT-Drucks 16/10069, S. 24) und der Gläubiger "Herr des Verfahrens" ist und "Art und Ausmaß" der Vollstreckung bestimmt (BT-Drucks 16/13432, S. 43 zu § 802b ZPO, zugleich aber als "allgemeiner Grundsatz der Parteiherrschaft im Zwangsvollstreckungsverfahren" bezeichnet). Ausgehend von diesem allgemeinen Grundsatz bedarf es also keiner Ermächtigungsgrundlage für die Beschränkung des Antrages auf Übermittlung eines Vermögensverzeichnisses in zeitlicher Hinsicht, sondern es hätte einer gesetzlich eindeutigen Beschränkung der Dispositionsbefugnis bedurft. Umgekehrt bedürfte es der gesetzlichen Beschränkung der Dispositionsbefugnis, §§ 62 Abs. 2, 104 GVGA, an der es aber gerade fehlt.

Nur monetäres Interesse?

Es drängt sich – auch im Abspann der Entscheidung des AG – insgesamt der Eindruck auf, dass die geäußerte Auffassung mehr dem monetären Interesse an der Gebührenoptimierung als dem kostensparenden Erreichen des eigentlichen Vollstreckungszwecks unter Berücksichtigung der Gläubiger- wie Schuldnerinteressen dienen soll.

FoVo 8/2013, S. 178 - 179

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