Formular unausgereift
Der verbindliche Vordruck für den Erlass eines PfÜB bereitet in der Praxis weiterhin erhebliche Schwierigkeiten. Die Zahl der Monierungen und der Rechtsmittelverfahren ist gegenüber der früheren Rechtslage deutlich gestiegen. Der Verordnungsgeber hat eine Vielzahl von praktischen Fallgestaltungen nicht bedacht, sich wenig praxisorientiert gezeigt und insgesamt das Verfahren erheblich verteuert. Während die Gläubiger früher einen Antrag auf 2–3 Seiten formulieren konnten, sind sie heute gezwungen, das neunseitige Formular zu benutzen und regelmäßig um eine ausführliche Forderungsaufstellung und gegebenenfalls weitere Anlagen zu ergänzen. Da der Vordruck letztlich vierfach vorliegen muss, potenziert sich die Problematik.
Beispiel
Wird der verbindliche Vordruck einseitig eingereicht, müssen die neun Seiten dreifach kopiert werden. Dies verursacht Kopierkosten von 3 × 9 = 27 Seiten x 0,50 EUR = 13,50 EUR. Nichts anderes ergibt sich, wenn der Gläubiger die Kopien bereits vorlegt, sie aber beglaubigt werden müssen. Gegenüber den früheren Kosten von 3 EUR bis 4,50 EUR ergibt sich also eine Steigerung auf 9 EUR bis 10,50 EUR.
Naht der Vordruck für die Beauftragung des GV?
Vor dem Hintergrund dieser Problematik kann man nur hoffen, dass das Bundesministerium der Justiz davon absieht, auch für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers einen verbindlichen Vordruck einzuführen. Die jetzige Erfahrung lehrt, dass ein Vordruckzwang außerhalb elektronischer Antragstellungen keinen Gewinn für die Praxis darstellt. Der für die Gerichtsvollzieherbeauftragung vorgelegte erste Entwurf zeigt sich als gleiches Bürokratiemonstrum. Für die Gläubiger bleibt die Hoffnung, dass das BMJ entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung im 2. Quartal 2013 keinen überarbeiteten Entwurf vorgelegt hat.
Klarstellung des LG zu begrüßen
Die Entscheidung des LG Bamberg ist nachdrücklich zu begrüßen. Sie schafft für die Gläubiger Sicherheit und akzeptiert damit einen für die Praxis handhabbaren Weg. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass die Ermächtigung in § 829 Abs. 4 ZPO dem Verordnungsgeber keine Möglichkeit einräumt, den Umfang der pfändbaren Ansprüche einzuschränken. Insoweit obliegt es dem Gläubiger zu bestimmen, welche "angeblichen" Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner er pfänden will. Die Definitionshoheit liegt allein beim Gläubiger. Es war deshalb von Anfang an verfehlt, dass die Rechtspflegerin beim AG der Auffassung war, die in dem amtlichen Formular vorgegebenen Ansprüche seien im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis bereits erschöpfend.
Beschränkte materielle Prüfungskompetenz
Für die Pfändung genügt, dass dem Schuldner die Forderung nach den Behauptungen des Gläubigers aus irgendeinem vertretbaren Rechtsgrund zustehen kann. Der Gläubiger muss diese weder beweisen noch glaubhaft machen (BGH NJW-RR 2003, 1650; BGH NJW 2004, 2096; Zöller-Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 829 Rn 4; Musielak-Becker, ZPO, 10. Aufl., § 829 Rn 8). Es muss deshalb dem Gläubiger möglich sein, die vorgegebenen zu pfändenden Ansprüche zu ergänzen.
Achtung
Der Vordruck ist nicht nur hinsichtlich der bereits enthaltenen Ansprüche unvollständig, sondern erfasst auch eine Vielzahl zu pfändender Ansprüche nicht. Die FoVo hat die Lücken des amtlichen Formulars aufgezeigt und eine Musteranlage als Arbeitshilfe veröffentlicht (FoVo 2013, 27, dazu FoVo 2012, 126 und 186).
Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde verfehlt
Zu kritisieren ist, dass das Landgericht Bamberg nicht in voller Besetzung entschieden hat. Der Einzelrichter wäre nach § 578 Abs. 1, Satz 2 Nr. 2 ZPO verpflichtet gewesen, die Sache der Kammer zu übertragen. Nachfolgend hätte die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 zugelassen werden müssen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann (BGH NJW 2004, 2222; BGH NJW 2003, 65; BGH NJW 2002, 3029). Dass eine Rechtsfrage aufgeworfen ist, die klärungsbedürftig war, zeigt das Verfahren. Dass sie klärungsfähig ist, zeigt die getroffene Entscheidung. Wie der Gesetzgeber im Rahmen der Reform der Kontopfändung angegeben hat, ergehen in Deutschland jeden Monat allein 350.000 PfÜBs zur Pfändung der Ansprüche aus einer Bankverbindung. Auch das Kriterium der "Vielzahl" relevanter Fälle ist deshalb gegeben. Eine Entscheidung eines Einzelrichters bei einem der 115 Landgerichte ist nicht geeignet, rechtsgrundsätzlich die aufgeworfene Rechtsfrage zu klären. Es wäre deshalb wünschenswert gewesen, den Weg zum BGH zu eröffnen.
FoVo 8/2013, S. 154 - 156