Leitsatz
1. Eine (ermäßigte) Gebühr für eine nicht bewirkte Pfändung nach Nr. 604, 205 KV GvKostG fällt nicht für den Gerichtsvollzieher an, wenn der Gläubiger zusammen mit dem Antrag auf Abnahme einer Vermögensauskunft einen bedingten Pfändungsauftrag für den Fall erteilt, dass sich aus der Vermögensauskunft des Schuldners das Vorhandensein pfändbarer Gegenstände ergibt, die Bedingung aber nicht eintritt.
2. Die Auslagenpauschale für den Auftrag ist nach Nr. 716 KV GvKostG – nach oben – in doppelter Weise gedeckelt. Sie darf maximal 20 % der zu erhebenden Gebühren betragen und außerdem 10 EUR nicht übersteigen.
KG Berlin, Beschl. v. 30.11.2021 – 5 W 71/21
1 Der Fall
Bedingter Vollstreckungsauftrag mit Weisung
Die Gläubigerin beauftragte die Gerichtsvollzieherin (GV) damit, bei einem Schuldner – unter Versuch einer gütlichen Erledigung mit Ratenzahlung und Zahlungsfrist – die Vermögensauskunft nach §§ 802c, 802f ZPO ohne vorherigen Pfändungsversuch abzunehmen.
Dabei erteilte sie ferner gemäß dem Modul K 3 des Vordrucks die Anweisung: "Pfändung soll nach Abnahme der Vermögensauskunft durchgeführt werden, soweit sich aus dem Vermögensverzeichnis pfändbare Gegenstände ergeben."
Kostenrechnung mit Nichterledigungsgebühr
Nach erfolgter – vergeblicher – Zahlungsaufforderung und nachfolgender Vermögensauskunft des Schuldners stellte die GV der Gläubigerin insgesamt 82,25 EUR in Rechnung; in dieser Summe enthalten ist ein Teilbetrag in Höhe von 15 EUR mit dem Betreff: "Nicht erl. Pfändung KV 604, 205" sowie ein weiterer Teilbetrag in Höhe von 13 EUR mit dem Betreff "Auslagenpauschale KV 716". In der Rechnung erklärte die GV, aus dem Vermögensverzeichnis ergäben sich keine pfändbaren Gegenstände.
Erinnerung der Gläubigerin und Beschwerde der Bezirksrevisorin
Die Gläubigerin hat gegen diese Kostenrechnung "Erinnerung gem. § 766 Abs. 2 ZPO" eingelegt. Inhaltlich hat sie sich zum einen gegen den Ansatz der Gebühr in Höhe von 15 EUR für die nicht erledigte Pfändung gewandt und zum anderen um "anteilige Korrektur der Auslagenpauschale" gebeten. Das AG wies die Erinnerung der Gläubigerin zurück, ließ aber die Beschwerde gegen seinen Beschluss zu. Die Gläubigerin erklärte, es werde "die Erinnerung aufrechterhalten". Das LG hat diese Erklärung als Beschwerde angesehen und – nach Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber der Bezirksrevisorin, welche Stellung genommen hat – unter Abänderung des Beschlusses des AG ausgesprochen, dass die Kostenrechnung der GV dahingehend abgeändert wird, dass von der Gläubigerin statt 82,25 EUR nur 64,25 EUR zu zahlen sind. Das LG hat in diesem Beschluss die weitere Beschwerde zugelassen, die die Bezirksrevisorin eingelegt hat.
2 II. Die Entscheidung
KG folgt der Argumentation des Gläubigers
Die weitere Beschwerde ist gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zulässig.
Die GV hat in ihrer Kostenrechnung zu Unrecht eine Gebühr in Höhe von 15 EUR für eine nicht erledigte Pfändung gemäß Nr. 604, 205 KV GvKostG angesetzt; ferner hat sie eine um 3 EUR zu hohe Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG erhoben. Insgesamt ist die in Höhe von 82,25 EUR erteilte Rechnung somit um 18 EUR zu kürzen, also auf 64,25 EUR. Dieses Ergebnis hat das LG zu Recht ausgesprochen. Die weitere Beschwerde der Bezirksrevisorin vermag nicht aufzuzeigen, dass der Beschluss des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 2 GKG und in Verbindung mit – insoweit allein in Betracht kommend – § 546 ZPO. Die weitere Beschwerde ist daher unbegründet.
Keine nicht erledigte Pfändung
Dass ein Vollstreckungsauftrag durch den Gläubiger als Antragsteller von vornherein in einer Weise beschränkt werden kann, die der GV ohne Weiteres überprüfen kann (ohne dass es dabei darauf ankommt, ob es sich um eine Bedingung i.S.d. § 158 BGB handelt), ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt (BGH MDR 2016, 1471). Ergänzend wird insoweit auch auf Nr. 2 Abs. 2 S. 1 DB-GvKostG Bezug genommen, welche anordnet: "Bei bedingt erteilten Aufträgen gilt der Auftrag mit Eintritt der Bedingung als erteilt."
Streit um den "Bedingungseintritt"
Nach Nr. 205 KV GvKostG fällt für den Gebührentatbestand der "Bewirkung einer Pfändung" eine Gebühr in Höhe von 26 EUR an. Gemäß Nr. 604 KV GvKostG beträgt die Gebühr für nicht erledigte Amtshandlungen der in unter anderem der Nummer 205 genannten Art 15 EUR.
Umstritten ist, ob eine (ermäßigte) Gebühr für eine nicht bewirkte Pfändung nach Nr. 604 KV GvKostG auch dann anfällt, wenn – wie vorliegend – der Gläubiger zusammen mit dem Antrag auf Abnahme einer Vermögensauskunft einen bedingten Pfändungsauftrag für den Fall erteilt, dass sich aus der Vermögensauskunft des Schuldners das Vorhandensein pfändbarer Gegenstände ergibt, die Bedingung aber nicht eintritt.
Ansicht 1: Prüfung der Bedingung löst Auftrag aus
Nach einer Auffassung ist die Gebühr gemäß Nr. 604 KV GvKostG entstanden. Der Gläubiger dürfe es nicht in der Hand haben, den GV durch das Aufstellen von Bedingungen zu einer gebührenfreien Tätigkeit zu veranla...