BGH: Vollstreckung wegen einer unvertretbaren Handlung
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar ist der auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung i.S.d. § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO gerichtete Zwangsmittelantrag zulässig. Jedoch hat das OLG die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Die Zwangsvollstreckung findet im Streitfall nach § 888 ZPO statt, weil sie auf die Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet ist.
Hinweis
Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, gemäß § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei.
Die Verurteilung des Erben zur Erteilung einer Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines Verzeichnisses der Nachlassgegenstände gemäß §§ 2314 Abs. 1 S. 1, 260 BGB ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln zu vollstrecken (vgl. BGH NJW 2019, 231).
Der Antrag ist nicht wegen der Prozessunfähigkeit unzulässig
Der Zwangsmittelantrag ist zulässig. Dem steht nicht eine Parteiunfähigkeit auf Gläubigerseite oder die Prozessunfähigkeit der Schuldnerin entgegen.
Für das Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 704 ff. ZPO gelten neben den dortigen spezifischen Verfahrensvorschriften auch die allgemeinen prozessualen Regelungen in den §§ 1 bis 252 ZPO sinngemäß. Dies gilt insbesondere für die Vorschriften über die Parteien gemäß §§ 50 bis 58 ZPO (vgl. BGH NJW 2020, 1143). Diese Voraussetzungen sind nach dem BGH gegeben:
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Wie das LG unangegriffen angenommen hat, ist der Zwangsmittelantrag nicht von der Erbengemeinschaft gestellt worden, der es an der Parteifähigkeit fehlte (vgl. BGH NJW 2006, 3715), sondern von den Mitgliedern der Erbengemeinschaft. |
Hinweis
Darauf muss der die Erbengemeinschaft vertretende Rechtsanwalt unbedingt achten, wenn er Rechtsnachteile vermeiden will.
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Die Schuldnerin ist zwar prozessunfähig, sie wird aber gemäß § 51 Abs. 3 ZPO von den Bevollmächtigten vertreten. |
Hinweis
Die Prozessfähigkeit des Schuldners gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist jedenfalls dann Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung, wenn er bei ihr mitwirken muss und nicht lediglich sichernde Maßnahmen zu treffen sind (vgl. BGH NJW 2020, 1143 Rn 17 m.w.N.). Da die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO auf eine Mitwirkung der Schuldnerin gerichtet ist, kommt es auf ihre Prozessfähigkeit an.
Das OLG hatte dann aber übersehen, dass nicht das LG-Urteil, sondern das Urteil des OLG im Berufungsverfahren Grundlage der Zwangsvollstreckung sein musste, § 750 ZPO. Damit fehlte es dem Vollstreckungsantrag an einer Grundlage. Der BGH konnte hier nicht weiter entscheiden, sondern hat auf die Rechtsbeschwerde den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückgewiesen.
Man kann verlieren und doch gewinnen
Allerdings hat er die Anschlussrechtsbeschwerde der Gläubigerinnen für zulässig, im Ergebnis dann aber auch für unbegründet erachtet. Ungeachtet dessen sagt der BGH, wie es richtig geht. Das sollte helfen, einen weiteren Weg durch die Instanzen zu vermeiden.
Die Gläubigerinnen konnten die Anschlussrechtsbeschwerde zulässigerweise unter der innerprozessualen Bedingung erheben, dass sie mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Es besteht auch der für die Anschlussrechtsbeschwerde erforderliche unmittelbare rechtliche oder wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Hauptrechtsmittel. Letztlich wurden die Gläubigerinnen durch die Ausgangsentscheidung beschwert, da sie mit ihrem Antrag nicht vollständig durchgedrungen sind.
BGH: Keine Festsetzung von Ersatzzwangshaft oder Zwangshaft gegen die prozessunfähige SU
Die Festsetzung von Ersatzzwangshaft oder Zwangshaft gegen die Schuldnerin kommt nach dem BGH jedoch nicht in Betracht. Bei der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO dürfe gegen eine prozessunfähige natürliche Person, die mangels hinreichender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht in der Lage ist, einen natürlichen Willen zur Vornahme der von ihr geschuldeten Handlung zu bilden, keine Zwangshaft verhängt werden. Es fehle hier an einem Willen, der mit Zwangshaft gebeugt werden könnte. Der BGH entscheidet damit eine bisherige Streitfrage in Rechtsprechung und Literatur. Ob bei anderen Voraussetzungen anderes gelte, lässt der BGH offen.
Aber auch keine Festsetzung von Haft gegen gewillkürte Bevollmächtigte
Die Festsetzung von Ersatzzwangshaft oder Zwangshaft gegen die Bevollmächtigten der Schuldnerin scheidet nach dem BGH ebenfalls aus. Bei der gegen eine prozessunfähige natürliche Person gerichteten Zwangsvollstreckung zur Erwirkung ...