Leitsatz
Haben sich im Erinnerungsverfahren gegen eine Vorpfändung verschiedene Vollstreckungsgerichte rechtskräftig für örtlich unzuständig erklärt, ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO als zuständiges Gericht das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu bestimmen, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
OLG Hamm, 17.6.2011 – 32 Sbd 42/11
1 Der Praxistipp
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!
In vielen Fällen hat der Schuldner nicht nur einen Gläubiger, sondern eine Vielzahl offener Forderungen und damit auch viele Gläubiger. Insoweit muss jeder einzelne Gläubiger nicht nur den Versuchen des Schuldners trotzen, sein Einkommen und Vermögen dem Vollstreckungszugriff zu entziehen, sondern steht auch im Wettbewerb mit den übrigen Gläubigern. § 804 Abs. 3 ZPO begründet dabei das Prioritätsprinzip: Wer zuerst kommt, wird zuerst vollständig befriedigt, bevor weitere Gläubiger auf Leistungen auf ihre Forderung hoffen dürfen.
Der Schlüssel liegt im Informationsmanagement
In diesem Wettlauf der Gläubiger untereinander kommt einem effektiven Informationsmanagement eine zentrale Bedeutung zu. Der Gläubiger muss alle Möglichkeiten nutzen, um Informationen zum Einkommen und Vermögen des Schuldners zu sammeln. Dabei sind gesetzliche Auskunftsmöglichkeiten (Offenbarungsverfahren, § 840 ZPO, § 836 Abs. 3 ZPO) genauso in Betracht zu ziehen wie öffentliche Quellen (Internet, insbesondere auch soziale Netzwerke) oder gewerbliche Auskunfteien. Zu einem guten Informationsmanagement gehört dann aber auch die Möglichkeit zu einer zeitnahen Auswertung und Maßnahmenumsetzung. Es hilft nichts, wenn der Arbeitgeber des Schuldners durch eine öffentlich zugängliche Quelle ermittelt wird, die Information aber drei Wochen ungenutzt bleibt, bis der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt wird. Postbearbeitungsprioritäten kommt deshalb im Arbeitsablauf eine hohe Bedeutung zu.
Vorpfändung zum schnellen Vorgriff
Hat der Gläubiger eine Information und muss er befürchten, dass auch andere Gläubiger hierüber verfügen können, kann er also nicht von der Exklusivität ausgehen, muss er schnell reagieren. Hier hilft die Vorpfändung nach § 845 ZPO, d.h. die Benachrichtigung des Drittschuldners, dass eine Pfändung bevorsteht. Dabei muss beachtet werden, dass die Vorpfändung zwingend durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden muss. Der Gläubiger hat dann einen Monat Zeit, einen PfÜB zu beantragen und dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Geschieht dies, wird er so behandelt, als sei der PfÜB schon im Zeitpunkt der Zustellung der Vorpfändung und an deren Stelle zugestellt worden (§ 845 Abs. 2 ZPO).
Vorpfändung als Gegenstand von Rechtsmittelverfahren
Wegen dieser besonderen Wirkung der Vorpfändung kann ihre Wirksamkeit auch zum Streitpunkt unter den Gläubigern führen. So kann gerügt werden, dass kein vollstreckbarer Schuldtitel vorgelegen hat, die Benachrichtigung nicht durch den Gerichtsvollzieher erfolgte oder sich sonstige Zustellungsmängel zeigen.