Die Praxis bei der Erteilung von Aufträgen zur gütlichen Einigung
Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen, so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner nach § 802b Abs. 2 ZPO entweder eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Teil- oder Ratenzahlungen gestatten, sofern der Schuldner glaubhaft darlegt, die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen erbringen zu können. Bezieht der Schuldner Hartz IV, wird in der Praxis häufig allein dieser Umstand auf der Vollstreckungsmitteilung und/oder dem Vollstreckungsprotokoll notiert. Offenbar soll diese Mitteilung die Begründung dafür darstellen, warum eine gütliche Einigung nicht zustande gekommen ist. Diese Begründung greift allerdings zu kurz und kann sich letztlich als falsche Sachbehandlung darstellen.
Protokollierungspflichten nach ZPO und GVGA beachten
Nach § 762 Abs. 1 ZPO hat der GV über jede Vollstreckungshandlung ein Protokoll zu fertigen. Nach § 762 Abs. 2 Nr. 2 hat er den Gegenstand der Vollstreckungshandlung unter kurzer Erwähnung der wesentlichen Vorgänge festzuhalten. Schon hierunter wird man fassen müssen, dass der Nichtabschluss einer Vergleichsvereinbarung im Einzelnen zu begründen ist. Dies wird allerdings durch die Protokollvorschriften in § 68 Abs. 2 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) noch weiter konkretisiert.
Hinweis
§ 68 Abs. 2 GVGA ist lex specialis zur allgemeinen Protokollvorschrift in § 86 GVGA und deshalb auch vorrangig zu beachten. Die Pflichten aus § 86 GVGA bleiben hiervon unberührt. Da es sich bei der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung um eine Verwaltungsvorschrift handelt, ist diese zwar für den Gerichtsvollzieher, nicht aber für den Gläubiger verbindlich. Sie konkretisiert allerdings die Amtspflichten des Gerichtsvollziehers im Hinblick auf die Frage, wann eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 7 GvKostG vorliegt, wie auch im Hinblick auf die Haftung nach § 839 BGB.
Protokollierung verlangt Aussage zum Warum
Nach § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GVGA hat der Gerichtsvollzieher einerseits die Gründe, die der Schuldner zur Glaubhaftmachung der Erfüllung der Vereinbarung vorbringt, zu protokollieren. Das korrespondiert unmittelbar mit den Anforderungen aus § 802b Abs. 2 ZPO. Zum anderen hat er nach § 68 Abs. 2 S. 2 GVGA zu protokollieren, aus welchen Gründen er die Einräumung einer Zahlungsfrist oder die Einziehung von Raten ablehnt.
Hinweis
Beide Angaben sind für den Gläubiger wichtig. Die erste Aussage begründet ihm die Stabilität der Zahlungsvereinbarung und gibt Anhaltspunkte für das weitere Vorgehen, wenn die Vereinbarung nicht eingehalten wird. Andererseits muss er prüfen können, woran eine Vergleichsvereinbarung gescheitert ist. War die vorgegebene Ratenhöhe oder Zahl der maximalen Raten für den Schuldner nicht zu leisten, kann er erwägen, die Rahmenbedingungen zu verändern. Auch können die angegebenen Gründe für eine mangelnde Leistungsfähigkeit hinterfragt werden.
Hartz IV ist kein Vergleichshindernis
Bezieht der Schuldner Hartz IV, ist das sicher ein Indiz dafür, dass sein laufendes Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegt. Allein dies besagt aber nicht, dass eine gütliche Erledigung in Form einer Vergleichsvereinbarung ausscheidet. So kann der Schuldner sehr wohl ein Eigeninteresse daran haben, zumindest die Zinsen und Kosten auszugleichen, um ein Anwachsen der Forderung und damit seiner Verschuldung zu vermeiden und einen künftigen Start ins Berufsleben nicht noch zu erschweren. Der Start in eine neue Chance wird dann nämlich nicht sofort durch eine Pfändung von Arbeitslohn oder eine Kontopfändung belastet.
Schonvermögen muss betrachtet werden
Landläufig wird Hartz IV damit gleichgesetzt, dass der Schuldner weder über hinreichendes Einkommen noch Vermögen verfügt. Zwar kann dies so sein. Es ist aber weder in der Praxis noch nach den rechtlichen Rahmenbedingungen zwingend. § 12 Abs. 2 SGB II gewährt dem Hartz-IV-Bezieher nämlich ein Schonvermögen.
§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 1a SGB II im Wortlaut
Vom Vermögen sind abzusetzen
1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 EUR je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3.100 EUR; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen,
1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 EUR für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind …
In den Folgeziffern sind weitere Schonvermögenssachverhalte geregelt. Insoweit sagt allein der Umstand, dass der Schuldner laufende Leistungen nach dem SGB in Form von Hartz IV bezieht, nichts Abschließendes darüber aus, ob er hinsichtlich einer Vergleichsvereinbarung eine hinreichende Leistungsfähigkeit hat.
Nach § 12 Abs. 3 SGB II bleibt u.a. sogar ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung bei der Bemessung von Hartz IV außer Betracht. Da insoweit ...