Wichtige Praxisfrage
Die Herausgabe der Kontoauszüge ist eine immer aktuelle Frage in der Praxis der Zwangsvollstreckung. Die Entscheidung fügt sich in eine ganze Reihe vergleichbarer Entscheidungen von Rechtspflegern ein. Wenngleich sie zum (fast) richtigen Ergebnis kommt, überzeugen die Gründe nicht.
Wer hat Kontoauszüge herauszugeben?
Zunächst hat der Rechtspfleger den PfÜB in der Weise ergänzt, dass der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Herausgabe "einer Kopie der jeweiligen Kontoauszüge" gepfändet wird. Es erscheint schon fraglich, ob ein solcher Anspruch des Schuldners auf eine Kopie der Kontoauszüge überhaupt besteht, da er ja die Originale erhält. Letztlich kann dies aber dahin stehen, weil der Anspruch jedenfalls im Wege der Forderungspfändung nicht pfändbar ist. Es handelt sich nach Ansicht des BGH (InVo 2006, 148 = NJW 2006, 217) um einen selbstständigen Nebenanspruch, der weder eine Geldforderung noch ein sonstiges Vermögensrecht darstellt und deshalb nicht gepfändet werden kann.
Entscheidung widerspricht BGH-Rechtsprechung
Konsequenz einer solchen Pfändung wäre aber auch, dass der Drittschuldner die Kontoauszüge an den Gläubiger herauszugeben hätte, was zwar aus Sicht der Gläubiger wünschenswert ist, vom BGH allerdings – jedenfalls primär – abgelehnt wird.
Herausgabepflicht des Schuldners
Aus den weiteren Ausführungen ergibt sich aber auch, dass der Rechtspfleger des AG Dresden davon ausgeht, dass der Schuldner die Kontoauszüge herauszugeben hat, weil er unterstellt, dass der Schuldner einzelne Angaben schwärzen kann. Der erste Aspekt ist zutreffend. Der Schuldner hat die Kontoauszüge herauszugeben. Grundlage hierfür ist aber nicht der PfÜB, sondern unmittelbar § 836 Abs. 3 ZPO. Danach hat der Schuldner dem Gläubiger alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind. Mit den Kontoauszügen als Rechnungsabschluss und Ausweis des jeweiligen Saldos kann ein solcher Nachweis geführt werden.
Pflichten sind in PfÜB aufzunehmen
Im PfüB ist deshalb nicht der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Herausgabe der Kontoauszüge zu pfänden, sondern auszusprechen, dass der Schuldner verpflichtet ist, die Kontoauszüge nach § 836 Abs. 3 ZPO herauszugeben (BGH InVo 2006, 148 = NJW 2006, 217). Der BGH hat bereits entschieden, dass die gemäß § 836 Abs. 3 ZPO herauszugebenden Urkunden auf Antrag des Gläubigers in der Regel bereits in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen sind (BGH InVo 2006, 484 = NJW-RR 2006, 1576).
Muster: Nennung der herauszugebenden Urkunden
Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Insbesondere hat der Schuldner herauszugeben:
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den Girovertrag |
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Sparverträge und weitere Unterlagen zu Anlagenformen jeder Art |
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Sparbücher |
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die laufenden Kontoauszüge, zumindest in unveränderter Kopie |
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Darf der Schuldner schwärzen?
Unzutreffend ist die Auffassung, dass der Schuldner berechtigt sein soll, Einzahler und Zahlungsempfänger zu schwärzen. Dies kann allenfalls insoweit gelten, wie unpfändbare Beträge betroffen sind. Die Entscheidung verkennt insoweit, dass der Schuldner nach §§ 807, 899 ff. ZPO zur Offenbarung seines gesamten Vermögens einschließlich aller Einkünfte Auskunft zu geben hat, soweit die Zwangsvollstreckung fruchtlos geblieben ist. Vor diesem Hintergrund hat der Schuldner gerade kein berechtigtes und in eine Interessenabwägung einzustellendes schützenswertes Interesse daran, dass der Gläubiger von solchen Angaben keine Kenntnis erlangt. Insbesondere liegt keine Ausforschung der allgemeinen Lebensverhältnisse vor, sondern allenfalls eine Ausforschung weiteren Vermögens.
Prüfungsrecht des Gläubigers beachten
Ungeachtet dessen bedarf der Gläubiger auch solcher Informationen. Er muss nämlich prüfen können, ob etwa eine Auszahlung zu seinem Nachteil deshalb berechtigt war, weil sie eine bevorrechtigte Abtretung betrifft, oder gerade nicht bevorrechtigt war. Der BGH spricht deshalb in seiner Entscheidung vom 8.11.2005 (XI ZR 90/05 = InVo 2006, 148 = NJW 2006, 217) gerade nicht davon, dass der Schuldner Angaben schwärzen könnte (vgl. Rn 18 der Entscheidung). Der BGH hält vielmehr allein fest, dass der selbstständige Anspruch auf Erteilung von Kontoauszügen des Schuldners gegen den Drittschuldner nicht automatisch mitgepfändet ist, weil die damit verbundenen Informationen keine Beziehung zum Hauptanspruch haben und über den Zweck der Pfändung hinausgehen (Rn 17 der Entscheidung). Dies betrifft aber allein die Frage, ob der Drittschuldner die Kontoauszüge herauszugeben hat, d.h. das Außenverhältnis, nicht aber die Frage, welchen Pflichten der Schuldner gegenüber dem Gläubiger nach § 836 Abs. 3 ZPO unterliegt, d.h. im Innenverhältnis. Hier hat der BGH in der zitierten Entscheidung sofort im folgenden Absatz hervorgehoben, dass der Schuldner über § 836 Abs. 3 ZPO ...