Leitsatz
Der Gläubiger kann vom Schuldner grundsätzlich die Herausgabe einer Kopie der jeweiligen Kontoauszüge seit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verlangen.
AG Dresden, 19.12.2008 – 580 M 16956/08
1 I. Der Fall
Pflicht zur Herausgabe der Kontoauszüge in den PfÜB?
Der Gläubiger hatte mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beantragt, den Anspruch des Schuldners auf Herausgabe einer Kopie der jeweiligen Kontoauszüge seit Zustellung des PfÜB an die Drittschuldnerin zu pfänden. Der Rechtspfleger hat dies zunächst gestrichen, dann aber den PfÜB auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers mit der Abhilfeentscheidung ergänzt, in der dieser geltend gemacht hat, dass er die Kontoauszüge benötigt, um festzustellen, ob der Drittschuldner die richtigen Beträge an ihn abführt.
2 II. Die Entscheidung
Gläubiger macht berechtigtes Interesse glaubhaft
Der Gläubigervertreter hat hinreichend glaubhaft gemacht, wofür er die aus den Kontoauszügen ersichtlichen Daten verwenden will, nämlich um festzustellen, ob der Drittschuldner die korrekten Beträge an ihn abführt. Dieses Ansinnen erscheint hinreichend glaubhaft. Durch die dem Schuldner überlassene Möglichkeit, Angaben über Einzahler bzw. Zahlungsempfänger zu schwärzen, wird einer Ausforschungspfändung hinreichend vorgebeugt. Der Schuldner kann somit vermeiden, dass der Gläubiger von evtl. zusätzlichen Vollstreckungsmöglichkeiten erfährt. Gerade dies soll, so der Bundesgerichtshof in seinen Beschlüssen vom 8.11.2005 (XI ZR 90/05) und vom 18.7.2003 (IXa ZB 148/03), vermieden werden. Das Amtsgericht glaubt, hiermit eine akzeptable Interessenabwägung zwischen Gläubiger- und Schuldnerinteressen vorgenommen zu haben.
3 Der Praxistipp
Wichtige Praxisfrage
Die Herausgabe der Kontoauszüge ist eine immer aktuelle Frage in der Praxis der Zwangsvollstreckung. Die Entscheidung fügt sich in eine ganze Reihe vergleichbarer Entscheidungen von Rechtspflegern ein. Wenngleich sie zum (fast) richtigen Ergebnis kommt, überzeugen die Gründe nicht.
Wer hat Kontoauszüge herauszugeben?
Zunächst hat der Rechtspfleger den PfÜB in der Weise ergänzt, dass der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Herausgabe "einer Kopie der jeweiligen Kontoauszüge" gepfändet wird. Es erscheint schon fraglich, ob ein solcher Anspruch des Schuldners auf eine Kopie der Kontoauszüge überhaupt besteht, da er ja die Originale erhält. Letztlich kann dies aber dahin stehen, weil der Anspruch jedenfalls im Wege der Forderungspfändung nicht pfändbar ist. Es handelt sich nach Ansicht des BGH (InVo 2006, 148 = NJW 2006, 217) um einen selbstständigen Nebenanspruch, der weder eine Geldforderung noch ein sonstiges Vermögensrecht darstellt und deshalb nicht gepfändet werden kann.
Entscheidung widerspricht BGH-Rechtsprechung
Konsequenz einer solchen Pfändung wäre aber auch, dass der Drittschuldner die Kontoauszüge an den Gläubiger herauszugeben hätte, was zwar aus Sicht der Gläubiger wünschenswert ist, vom BGH allerdings – jedenfalls primär – abgelehnt wird.
Herausgabepflicht des Schuldners
Aus den weiteren Ausführungen ergibt sich aber auch, dass der Rechtspfleger des AG Dresden davon ausgeht, dass der Schuldner die Kontoauszüge herauszugeben hat, weil er unterstellt, dass der Schuldner einzelne Angaben schwärzen kann. Der erste Aspekt ist zutreffend. Der Schuldner hat die Kontoauszüge herauszugeben. Grundlage hierfür ist aber nicht der PfÜB, sondern unmittelbar § 836 Abs. 3 ZPO. Danach hat der Schuldner dem Gläubiger alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind. Mit den Kontoauszügen als Rechnungsabschluss und Ausweis des jeweiligen Saldos kann ein solcher Nachweis geführt werden.
Pflichten sind in PfÜB aufzunehmen
Im PfüB ist deshalb nicht der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Herausgabe der Kontoauszüge zu pfänden, sondern auszusprechen, dass der Schuldner verpflichtet ist, die Kontoauszüge nach § 836 Abs. 3 ZPO herauszugeben (BGH InVo 2006, 148 = NJW 2006, 217). Der BGH hat bereits entschieden, dass die gemäß § 836 Abs. 3 ZPO herauszugebenden Urkunden auf Antrag des Gläubigers in der Regel bereits in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen sind (BGH InVo 2006, 484 = NJW-RR 2006, 1576).
Muster: Nennung der herauszugebenden Urkunden
Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Insbesondere hat der Schuldner herauszugeben:
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den Girovertrag |
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Sparverträge und weitere Unterlagen zu Anlagenformen jeder Art |
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Sparbücher |
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die laufenden Kontoauszüge, zumindest in unveränderter Kopie |
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Darf der Schuldner schwärzen?
Unzutreffend ist die Auffassung, dass der Schuldner berechtigt sein soll, Einzahler und Zahlungsempfänger zu schwärzen. Dies kann allenfalls insoweit gelten, wie unpfändbare Beträge betroffen sind. Die Entscheidung verkennt insoweit, dass der Schuldner nach §§ 807, 899 ff. ZPO zur Offenbarung seines gesamten Vermögens ein...