I. Das Problem
Prostituierte zahlt Forderung nicht
Die Schuldnerin eines von uns betreuten Gläubigers ist eine Prostituierte. Mehrfache vorgerichtliche Mahnungen in schriftlicher und telefonischer Form haben zu keinem Erfolg geführt, so dass die Forderung tituliert wurde. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im herkömmlichen Rahmen sind bisher erfolglos geblieben. Welche Möglichkeiten hat man, gegen diesen Personenkreis die erfolgreiche Forderungsbeitreibung in der Zwangsvollstreckung zu gestalten?
II. Die Lösung
Forderungspfändung – was ist denkbar?
Wie bei allen Forderungen gilt natürlich, dass für eine erfolgreiche Forderungspfändung ein Drittschuldner bezeichnet werden muss. Die Freier als mögliche Drittschuldner werden Ihnen sicherlich nicht bekannt sein, so dass eine – denkbare – unmittelbare Pfändung künftiger Forderungen bei diesen ausscheidet.
Hinweis
Im Rahmen des Offenbarungsverfahrens könnte die Prostituierte allerdings Freier angeben, die regelmäßig ihre Dienste in Anspruch nehmen. Bei ihnen könnte dann an eine entsprechende Pfändung künftiger Forderungen nach §§ 828 ff. ZPO gedacht werden. Auch wenn diese Freier dann die Dienste der Schuldnerin möglicherweise nicht mehr in Anspruch nehmen würden, ist der durch eine solche Pfändung erzielte Vollstreckungsdruck sehr hoch (siehe nachfolgend).
Festes Etablissement?
Wie die Verhältnisse sind, wenn die Prostituierte in einem festen Etablissement arbeitet und ob sich hieraus Forderungen gegen den Inhaber ergeben, wird in der Regel ebenfalls nicht bekannt sein, muss aber in Betracht gezogen werden. Hier käme eine Verdachtspfändung in Betracht, wenn das Etablissement bekannt ist. Anderenfalls müsste die Schuldnerin in einem Offenbarungsverfahren um Auskunft gebeten werden, ob sie in einem solchen Unternehmen arbeitet und welche Forderungen dort entstehen, da es sich dann um Einkünfte aus unselbständiger oder selbständiger Arbeit handelt.
Forderungspfändung mit Hindernissen: Abtretungsverbot
Die Rechtsverhältnisse der Prostituierten zu ihren Freiern und den Inhabern entsprechender Etablissements sind allerdings im Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG) geregelt. Nach § 2 S. 1 ProstG kann die Forderung nicht abgetreten werden. Das hat nach § 851 ZPO auch Auswirkungen auf die Zwangsvollstreckung. Eine Forderung, die nicht abgetreten werden kann, darf auch nicht gepfändet werden. Die Forderungspfändung gegenüber den Freiern und dem Inhaber eines Etablissements scheiden also aus. Das bedeutet aber nicht das Ende der Zwangsvollstreckung gegenüber einer solchen Berufsgruppe.
Steuererstattungsansprüche
Die Prostitution wird in Deutschland als Gewerbe ausgeübt, so dass auch Steuern bezahlt werden müssen. Wenn die Schuldnerin dem nachkommt, wird sie auch Einkommensteuervorauszahlungen leisten, so dass sich beim Finanzamt Steuererstattungsansprüche ergeben können. Steuererstattungsansprüche gehören nicht zu den nach § 2 S. 1 ProstG erfassten Ansprüchen, können also abgetreten und dementsprechend auch gepfändet werden.
Sachpfändung nicht vergessen
Wenn Sie wissen, wo die Dame arbeitet, können Sie natürlich mit dem Gerichtsvollzieher auch eine Taschenpfändung durchführen. Das muss man dann je nach Örtlichkeit, d.h. je nachdem, ob die Schuldnerin ihrer Tätigkeit zu Hause oder in einem Etablissement nachgeht, mit einem Durchsuchungsbeschluss und einem Nachbeschluss kombinieren. Anders verhält es sich, wenn die Dame "auf der Straße" arbeitet. In diesem Fall gilt der Richtervorbehalt nach § 758a ZPO nicht. Auch für das Bargeld, welches die Schuldnerin mit sich führt, gilt § 2 S. 1 ProstG. Dessen Schutzzweck erschöpft sich im Rechtsverhältnis zum Freier. Ungeachtet dessen führt die Schuldnerin ggf. ein Auto, ein Handy, Schmuck und andere pfändbare Gegenstände mit sich.
Hinweis
Wenn Sie den Gerichtsvollzieher in einem solchen Fall zur Kooperation bewegen können, ist auch der Effekt des zulässigen Vollstreckungsdrucks nicht zu unterschätzen. Er könnte die Schuldnerin veranlassen, mit dem Gläubiger eine gütliche Einigung in Form eines Abfindungsvergleiches, einer Ratenzahlungsvereinbarung oder letztlich auch des Vollausgleiches der Forderung zu suchen. Wichtig ist, dass Sie bei der Einleitung einer solchen Maßnahme das richtige Vorgehen mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher – nach § 20 GVO der Gerichtsvollzieher, in dessen Bezirk sich die Vollstreckungsgegenstände und damit der Arbeitsort befinden – absprechen. Auch sollten Sie erwägen, an der Vollstreckungshandlung teilzunehmen. § 62 Nr. 5 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) eröffnet diese Möglichkeit.