In zahlreichen Beiträgen der letzten Monate wurde ausführlich dargestellt, wann und in welchem Umfang der Gläubiger einer zwischen Schuldner (SU) und Gerichtsvollzieher (GV) getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung widersprechen kann. Der Widerspruch gegen Ratenzahlungsvereinbarungen kann bereits mit dem ersten Zwangsvollstreckungsauftrag erfolgen. Anderenfalls muss "unverzüglich" widersprochen werden. Das kann in der Praxis zu Problemen führen.
Vermutetes Einverständnis
Viele Gläubiger äußern sich zunächst im Zwangsvollstreckungsauftrag nicht, ob bzw. in welchem Umfang mit Ratenzahlungen durch den SU Einverständnis besteht. Dann gilt zunächst die Einverständnisvermutung, § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO, die durch einen unverzüglichen Widerspruch nach Mitteilung der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung gegenüber dem GV widerlegt werden kann, § 802b Abs. 3 S. 2 ZPO.
Weitreichende Wirkung der GV-Befugnisse …
§ 754 ZPO regelt, dass der GV durch den Vollstreckungsauftrag und die Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ermächtigt wird, Leistungen des SU entgegenzunehmen und diese zu quittieren, sowie mit Wirkung für den Gläubiger Zahlungsvereinbarungen nach Maßgabe des § 802b ZPO zu treffen. § 754 ZPO hat damit – so unscheinbar er wirkt – große praktische Relevanz. Denn: Widerspricht ein Gläubiger nicht unverzüglich der vom GV dem SU gewährten Ratenzahlung, hat diese Ratenzahlungsvereinbarung Bestand.
… auch gegen die Weisungen des Gläubigers
Gem. § 754 Abs. 2 ZPO wird der GV dem SU und Dritten gegenüber zur Vornahme der Zwangsvollstreckung und der in Abs. 1 bezeichneten Handlungen, d.h. auch der Befugnis zur Zahlungsvereinbarung durch den Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung ermächtigt. Der Gläubiger kann einen Mangel oder die Beschränkung des Auftrags diesen Personen gegenüber nicht geltend machen, § 754 Abs. 2 S. 2 ZPO. Handelt der GV daher entgegen einer vom Gläubiger erteilten Weisung, ändert dies im Verhältnis zum SU nichts am Bestand der Zahlungsvereinbarung, solange der SU die vereinbarten Zahlungstermine einhält bzw. nicht länger als zwei Wochen in Rückstand gerät. Der Gläubiger kann dann allenfalls Haftungsansprüche gegenüber dem GV geltend machen.
Formfreier Widerspruch
Der Widerspruch gegen eine Zahlungsvereinbarung ist formfrei möglich. Aus Nachweiszwecken empfiehlt sich die Erhebung des Widerspruchs per Fax (sofern die Nummer bekannt ist) bzw. Post an den GV. Aus Termingründen wäre auch ein telefonischer Widerspruch möglich. Dann sollte der Widersprechende jedoch einen entsprechenden Telefonvermerk mit Datum, Uhrzeit und Inhalt des Telefonats zur Akte nehmen. Es empfiehlt sich dann, den Widerspruch zusätzlich gegenüber dem GV entsprechend dem Telefonat schriftlich zu bestätigen.
Was heißt "unverzüglich"?
Informiert der GV den Gläubiger/Gläubigervertreter von einer getroffenen Zahlungsvereinbarung, muss der Gläubiger/Gläubigervertreter, wenn eine solche nicht gewünscht ist, unverzüglich nach Kenntniserlangung widersprechen, so dass zu fragen ist, was darunter zu verstehen ist. Es ist ohne schuldhaftes (vorsätzliches oder fahrlässiges) Zögern zu widersprechen. Der Gesetzgeber bezieht sich in der Begründung zu § 802b Abs. 3 ZPO auf § 121 Abs. 1 S. 1 BGB (BT-Drucks 16/10069, S. 25). Der GV kann dem Gläubiger eine angemessene Frist zur Äußerung setzen (vgl. dazu Schwörer, DGVZ 2011, 77, 79).
Tipp: Frist eintragen!
Setzt der GV keine Frist und wird die Vollstreckungspost in der Kanzlei nicht taggenau bearbeitet, sollte vorsichtshalber eine Frist von einer Woche notiert werden. Auch Mroß hält eine Frist für den unverzüglichen Widerspruch bei anwaltlicher Vertretung von zehn Tagen, ansonsten von einer Woche für angemessen (Mroß, KKZ 2011, 121 f. – zitiert nach Fleck, in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand 15.6.2014, Edition: 13, § 802b Rn 9 sowie Mroß, AnwBl 2013, 16). Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine starre "Frist". Umstände des Einzelfalls können es rechtfertigen, dass auch ein späterer Widerspruch noch wirksam ist. Hierauf sollte man sich jedoch nicht leichtfertig verlassen. Einerseits gebietet es der Begriff der "Unverzüglichkeit", den Schuldner nicht länger als unvermeidlich im Ungewissen über den Bestand der Ratenzahlungsvereinbarung zu lassen, andererseits muss dem Gläubiger neben den Postlaufzeiten auch eine Überlegungsfrist eingeräumt werden.
Tipp: Einverständnis des Gläubigers rechtzeitig einholen
In der Regel weiß der Gläubigervertreter, ob und ggf. in welchem Umfang der Gläubiger mit einer Zahlungsvereinbarung einverstanden ist. Weiß er dies jedoch nicht bzw. bestehen Zweifel, sollte die Vergleichsbereitschaft des Gläubigers frühzeitig, d.h. bei Mandatsannahme abgefragt werden, um nach entsprechender Information des GV zeitnah reagieren zu können.
Fatal: "Mach ich, wenn ich mal Zeit habe"-Einstellung
Vor diesem Hintergrund kann die Handhabung mancher Kanzleien, Vollstreckungs-Eingangspost als weniger wichtig zu behandeln und ungelesen auf den Stapel "Mach ich, sobald ich Zeit habe" zu legen, dem Gläubi...