Leitsatz
1. Verlangt ein Arbeitnehmer nicht nur ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis, sondern außerdem auch einen bestimmten Zeugnisinhalt, so hat er im Klageantrag genau zu bezeichnen, was das Zeugnis in welcher Form enthalten soll. Denn nur wenn der Entscheidungsausspruch bereits eine hinreichend klare Zeugnisformulierung enthält, wird verhindert, dass sich der Streit über den Inhalt des Zeugnisses vom Erkenntnisverfahren in die Zwangsvollstreckung verlagert.
2. Ein Vollstreckungstitel, der den Arbeitgeber zur Erteilung eines Zeugnisses verpflichtet, dessen Inhalt einer bestimmten Notenstufe entspricht, genügt nicht den zwangsvollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen. Es bleibt Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen abzufassen, wobei die Formulierung in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht.
BAG, Beschl. v. 14.2.2017 – 9 AZB 49/16
1 I. Der Fall
Vergleich über Arbeitszeugnis
Die Schuldnerin, die Beklagte im Ausgangsverfahren, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie beschäftigte den Gläubiger, den Kläger im Ausgangsverfahren, als Mitarbeiter im Innendienst. Auf die Kündigungsschutzklage schlossen die Parteien des Ausgangsverfahrens vor dem Arbeitsgericht (ArbG) einen Vergleich, in dem es unter Ziff. 4 heißt:
"Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer sehr guten Führungs- und Leistungsbeurteilung und einer Bedauerns-, Dankes- und Gute-Wünsche-Formulierung im Schlusssatz."
Arbeitszeugnis erteilt
Die Schuldnerin erteilte dem Gläubiger ein Arbeitszeugnis, das auszugsweise wie folgt lautet:
"Herr T verfügt über ein umfassendes und fundiertes Fachwissen, das er jederzeit in die Praxis umzusetzen wusste. Er war sehr motiviert und zeigte ein hohes Maß an Initiative und Leistungsbereitschaft. Er arbeitete sehr effizient, zielstrebig und sorgfältig und bewies ein gutes Organisationsgeschick. Dabei war er auch erhöhtem Zeitdruck und Arbeitsaufwand gut gewachsen. Er lieferte stets qualitativ und quantitativ tolle Ergebnisse. Herr T hat unsere Erwartungen stets ausgezeichnet erfüllt. Wir waren mit seinen Leistungen jederzeit sehr zufrieden. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Externen war immer einwandfrei."
Das Arbeitsverhältnis endet im gegenseitigen Einvernehmen zum 31.1.2016 aus betriebsbedingten Gründen. Wir danken Herrn T, bedauern sein Ausscheiden sehr und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“
Schuldner rügt den Inhalt und verlangt erfolglos Änderungen
Der Gläubiger forderte die Schuldnerin auf, das Zeugnis inhaltlich zu ändern. Dabei rügte der Gläubiger, aus dem Wortlaut des Zeugnisses ergebe sich keine sehr gute Leistungs- und Führungsbeurteilung. Das Zeugnis weise insgesamt strukturell und inhaltlich große Mängel auf.
Es folgt die Vollstreckungsvorbereitung
Nach dem dies fruchtlos blieb, beantragte er eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs, die ihm das ArbG erteilte und die nachfolgend der Schuldnerin zugestellt wurde. Zur Durchsetzung der geregelten Verpflichtung der Schuldnerin zur Erteilung eines Zeugnisses hat der Gläubiger beantragt, gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld festzusetzen und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft gegen ihren Geschäftsführer anzuordnen. Zur Begründung hat er ausgeführt, das von der Schuldnerin erteilte Zeugnis entspreche nicht den Vorgaben des Vergleichs.
Vollstreckungsantrag wird abgelehnt
Das ArbG hat den Antrag des Gläubigers zurückgewiesen. Vor dem LAG blieb die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Der Gläubiger verfolgt seinen Antrag mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde aber weiter.
2 II. Die Entscheidung
Vollstreckungsfähigkeit scheitert an der Bestimmtheit
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers ist zulässig, aber nicht begründet. Das LAG hat die sofortige Beschwerde des Gläubigers zu Recht zurückgewiesen. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ziff. 4 des Vergleichs, wonach die Schuldnerin zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer sehr guten Führungs- und Leistungsbeurteilung verpflichtet ist, mangels Bestimmtheit einer Zwangsvollstreckung nicht zugänglich ist.
Voraussetzung der ZwV ist vollstreckungsfähiger Inhalt
Nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die Zwangsvollstreckung aus Vergleichen statt, die zwischen den Parteien zur Beilegung eines Rechtsstreits geschlossen worden sind. Ein Prozessvergleich ist jedoch nur dann Vollstreckungstitel, wenn er einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 794 Rn 14). Fehlt es an einer hinreichenden Konkretisierung der den Schuldner treffenden Leistungspflicht, scheidet eine Vollstreckung aus (BGH NJW 1993, 1801). Die Vollstreckung aus einem Titel kann daher nur in den Fällen erfolgen, in denen hinreichend klar ist, welche konkrete Leistung von dem Schuldner gefordert wird (vgl. BGH, 26.11.2004 – V ZR 83/04 – zu II. 2. a) der Gründe). Ob der zur Vollstreckung anstehende Titel hinreichend bestimmt ist, ist unter Rückgriff auf die für das Erkenntnisverfahren maßgebliche Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu bestimmen (vgl. LAG Rhei...