Man muss unterscheiden können: Berufsrecht und Kostenrecht
In der Argumentation des Rechtspflegers geht es wild her. Es wird nicht konsequent zwischen den berufsrechtlichen Regelungen einerseits und den kostenrechtlichen Regeln andererseits unterschieden. Bei den angewandten rechtlichen Bestimmungen wird der Wortlaut nur unzutreffend wiedergegeben. Die gebildeten Normketten sind widersprüchlich. Es fehlt an einer präzisen Darstellung der Voraussetzungen und der Subsumtion.
Liegt eine Inkassodienstleistung vor?
Der Rechtspfleger verneint zunächst das Vorliegen einer Inkassodienstleistung. Das ist aufgrund des ihm bekannten Sachverhaltes nicht möglich und im Übrigen unerheblich. Widerspruchsfrei würde es im Übrigen zum genau gegenteiligen Ergebnis führen.
RDG regelt Berufsrecht
Das Rechtsdienstleistungsgesetz regelt als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt, wer eine Rechtsdienstleistung erbringen darf, § 3 RDG. Die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze, insbesondere für Rechtsanwälte nach der BRAO, erlaubt wird. Das Rechtsdienstleistungsgesetz regelt also die berufsrechtliche Erlaubnis, Rechtsdienstleistungen, auch in Form von Inkassodienstleistungen, erbringen zu dürfen. Die berufsrechtliche Erlaubnis sagt aber nichts über einen Vergütungs- und/oder Erstattungsanspruch aus. Weder setzen §§ 675, 611 BGB als Vergütungsnormen noch §§ 280, 286 BGB oder auch §§ 91, 788 ZPO als Erstattungsnormen voraus, dass ein zugelassener oder registrierter Rechtsdienstleister gehandelt hat. Sie schließen einen solchen Anspruch vor allem dann nicht aus, wenn keine erlaubnispflichtige, sondern eine erlaubnisfreie Rechtsdienstleistung – ggfs. als Inkassodienstleistung – erbracht wird. Der Rechtspfleger nennt dafür auch keine Norm.
Keine ausreichenden Feststellungen, um Inkassodienstleistung zu verneinen
Eine Inkassodienstleistung liegt nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 RDG vor, wenn die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Entscheidend ist also die materielle Fremdheit und nicht die formelle Fremdheit für die Beurteilung der Frage, ob eine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung vorliegt. Insoweit kann aus der formellen Gläubigerstellung nicht auf die Unanwendbarkeit von § 2 Abs. 2 RDG geschlossen werden. Ein registrierter Inkassodienstleister kann (auch) eine fiduziarisch an ihn abgetretene Forderung auf sich titulieren lassen. Dem Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, dass ein solcher Fall nicht vorgelegen hat. Im Gegenteil verweigert der Rechtspfleger, dazu Feststellungen zu treffen.
Hinweis
Zuzustimmen ist dem Rechtspfleger nur insoweit, dass er solche Feststellungen nicht treffen muss. Allerdings hat diese Erkenntnis eine abweichende Konsequenz. Auch im Rahmen der Berücksichtigung von Kosten nach § 788 ZPO ist § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO zu beachten. Danach genügt die Glaubhaftmachung für den Ansatz einer Kostenposition. Dem ist mit der Versicherung des Rechtsdienstleisters genüge getan. Es obliegt dann dem Schuldner, hiergegen im Wege der Erinnerung vorzugehen.
AG Westerstede und Strausberg überzeugen nicht
Die Entscheidung des AG Westerstede (5.4.2019 – 95 M 5256/19, DGVZ 2019, 195) nennt zwar die zweite Alternative, untersucht sie aber für seinen Fall nicht. Auch zitiert das AG Westerstede § 2 Abs. 2 S. 2 RDG falsch (Rn 9 – zitiert nach juris). Die Forderung ist nicht für den Gläubigervertreter, sondern für den bisherigen Gläubiger fremd. Auch sieht das AG nicht, dass es für die Anwendung von § 788 ZPO nicht allein auf § 4 Abs. 4 RDGEG ankommt (dazu nachfolgend). Nicht anders ist die Entscheidung des AG Strausberg (30.5.2018 – 11 M 3021/18, AGS 2018, 582) zu bewerten. Beide Entscheidungen leiden daran, dass sie nicht zu Ende gedacht sind. Die Entscheidungen sind bei 650 Amtsgerichten auch vereinzelt geblieben.
Wenn man – entgegen dem Rechtspfleger – annimmt, dass eine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung vorliegt, wäre dann zu prüfen, ob die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten nach § 4 Abs. 4 RDGEG gegeben ist. Wenn man aber – wie der Rechtspfleger – das Vorliegen einer Inkassodienstleistung verneint, ist der Anwendungsbereich von § 4 Abs. 4 RDGEG gar nicht eröffnet.
Ausgehend davon, dass § 4 Abs. 4 RDGEG Anwendung findet, subsumiert der Rechtspfleger unzutreffend. Die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG), für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich danach nach § 788 ZPO. § 788 ZPO verweist wiederum ausdrücklich auf § 91 ZPO. Ausgehend davon ist die Auffassung, § 4 Abs. 4 RDGEG setze eine im konkreten Fall nicht vorliegende Vertretung voraus, in doppelter Hinsicht unzutreffend.
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