Leitsatz
Für den Rechtsanwalt entsteht keine Einigungsgebühr, wenn der Gerichtsvollzieher im Zuge des Versuchs einer gütlichen Erledigung mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung trifft.
AG Dortmund, Beschl. v. 7.12.2020 – 248 M 899/20
1 Der Fall
Gütliche Einigung nach § 802b ZPO mit Kostenerinnerung
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung und hat den Gerichtsvollzieher u.a. mit einer gütlichen Einigung beauftragt. Dabei hat er als Bedingung formuliert, dass zugleich eine anwaltliche Einigungsgebühr nach § 788 ZPO mit geltend gemacht wird.
Der Gerichtsvollzieher hat die gütliche Einigung erzielen und eine Ratenzahlungsvereinbarung abschließen können. Zugleich hat er es abgelehnt, eine anwaltliche Einigungsgebühr zu berücksichtigen. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Gläubigers nach § 766 ZPO.
2 II. Die Entscheidung
AG folgt dem Ansinnen des Gläubigers nicht
Die nach § 766 ZPO zulässige Erinnerung ist in der Sache unbegründet. Der beteiligte Gerichtsvollzieher hat sich zu Recht geweigert, eine rechtsanwaltliche Einigungsgebühr auf Gläubigerseite mit zu vollstrecken. Denn eine solche Gebühr ist durch die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers nicht entstanden. Unstreitig hat der Gerichtsvollzieher im Zuge der Vollstreckung mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen. Dieser Ratenzahlungsvereinbarung hat die Gläubigerin nur unter der Bedingung zugestimmt, dass der beteiligte Gerichtsvollzieher eine anwaltliche Einigungsgebühr mit in die Vollstreckungskosten einberechnet.
Es kommt schon gar keine Zahlungsvereinbarung zustande
Da der beteiligte Gerichtsvollzieher sich weigert, eine rechtsanwaltliche Einigungsgebühr mitzuvollstrecken, ist die Bedingung der Zustimmung zur Ratenzahlungsvereinbarung nicht eingetreten, sodass bereits aus diesem Grunde – mangels wirksam entstandener Ratenzahlungsvereinbarung – eine Einigungsgebühr nicht zur Vollstreckung stehen kann.
Keine Verpflichtung, die Gebühr zu berücksichtigen
Der beteiligte Gerichtsvollzieher war aber auch nicht verpflichtet, eine solche Gebühr mit in die Vollstreckungskosten einzurechnen, da eine Einigungsgebühr materiell-rechtlich nicht entstanden ist.
Eine Einigungsgebühr nach VV 1000 RVG entsteht für den Anwalt eines Gläubigers nicht, wenn der Gerichtsvollzieher mit einem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung trifft (AG Augsburg DGVZ 2014, 25; LG Duisburg FoVo 2013, 196; AG Schleswig AGS 2014, 274; AG Stockach DGVZ 2017, 63).
Das hat auch schon der BGH gesagt
Der BGH hat bereits mit Beschluss vom 28.6.2006 (NJW 2006, 3640) zur alten Rechtslage ausgeführt, dass eine Zahlungsvereinbarung eines Gerichtsvollziehers in Form eines Zahlungsplans grundsätzlich keine Einigungsgebühr auslöst, soweit nicht der Gläubiger auf die Entscheidung des Gerichtsvollziehers nachgebend eingewirkt hatte. Mit der Gestattung der Ratenzahlung ist eine Abrede zwischen Gerichtsvollzieher und Schuldner auf vertraglicher Basis nicht zustande gekommen, weil der Gerichtsvollzieher nicht aufgrund Privatautonomie, sondern kraft des ihm verliehenen öffentlichen Amtes in Ausübung der staatlichen Vollstreckungsgewalt gehandelt hat. Der Gerichtsvollzieher ist bei der Gewährung von Ratenzahlung an den Schuldner nicht Vertreter des Gläubigers. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Gerichtsvollzieher bei der Frage, ob dem Schuldner Ratenzahlungen gewährt werden können, an die Weisungen des Gläubigers insoweit gebunden ist, dass dieser sein Einverständnis verweigern oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen kann.
Es fehlt an der Mitwirkung
Es kann dahinstehen, ob die Entscheidung des BGH vom 28.6.2006 unter der Geltung des § 802b ZPO n.F. uneingeschränkte Fortgeltung beanspruchen kann. Selbst wenn man die vorgesehene Zahlungsvereinbarung als vollstreckungsbeschränkenden Vertrag ansehen würde, sind aber jedenfalls die gebührenrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr nicht erfüllt.
Nach VV § 1000 RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Entsprechendes gilt für die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen, es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrages nicht ursächlich war. Vorliegend fehlt es bereits am Tatbestandsmerkmal der Mitwirkung. Denn die Ratenzahlungsvereinbarung ist nicht wesentlich durch eine Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin, sondern des Gerichtsvollziehers zustande gekommen. Eine solche Mitwirkung ist allein in dem Einverständnis eines Gläubigervertreters nicht zu sehen (AG Schleswig a.a.O.; Landgericht Duisburg a.a.O.).
Es fehlt an einem Vertrag
Darüber hinaus stellt eine Zahlungsvereinbarung keinen Vertrag dar, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Hiervon kann nur dann gesprochen werden, wenn zusätzlich zu der Ratenzahlungsvereinbarung...