Das OLG verneint einen Verfügungsgrund
Die zulässige Berufung ist begründet. Sie führt in Abänderung des angefochtenen Urteils zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 27.1.2021 und zur Zurückweisung des Antrags auf Erlass der beantragten Räumungsverfügung. Der Antrag auf Erlass der Räumungsverfügung ist mangels Verfügungsgrund unbegründet.
Das LG hat ausdrücklich offengelassen, ob die Bestimmung des § 940a Abs. 2 ZPO (entsprechende) Anwendung findet. Denn der Kläger habe jedenfalls einen Verfügungsgrund nach § 940 ZPO glaubhaft gemacht. Die einstweilige Verfügung sei zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Kläger notwendig. Der Kläger habe glaubhaft gemacht, dass er Kenntnis von dem Untermietvertrag erstmals am 25.1.2021 erhalten habe. Er habe daher bisher keine Veranlassung gehabt, sich auch gegen die Beklagte einen Vollstreckungstitel zu beschaffen. Der Verweis des Klägers auf ein Hauptsacheverfahren käme einer Rechtsverweigerung gleich. Der Kläger sei wegen einer zeitnahen Weitervermietung auf eine baldige Räumung angewiesen. Diese Erwägungen sind unzutreffend. Dem Vorbringen des Klägers ist ein Verfügungsgrund nicht zu entnehmen.
Strengste Anforderungen an eine Leistungsverfügung
Bei einer Leistungsverfügung, die zu einer vollen Befriedigung des Gläubigers führen würde, sind außerhalb des hier nicht in Betracht kommenden Anspruchs wegen widerrechtlicher Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht (§§ 858, 861 BGB) an den Verfügungsgrund nach § 940 ZPO regelmäßig strenge Anforderungen zu stellen.
Die erforderliche besondere Dringlichkeit liegt in der Regel nur vor, wenn ohne Erlass der einstweiligen Verfügung wesentliche Nachteile für den Gläubiger nicht abgewendet werden könnten und er ein dringendes Bedürfnis für die Eilmaßnahme hat oder wenn die geschuldete Handlung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht (mehr) möglich ist und die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 34. Aufl., § 940 Rn 6 mit weiteren Nachweisen).
Vortrag des Klägers reicht dafür nicht
Solches macht der Kläger aber nicht geltend. Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass er ohne den Erlass der Leistungsverfügung unabwendbare wesentliche Nachteile erleiden würde. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass er aus besonderen Gründen dringend auf den Besitz der Räume angewiesen ist bzw. war. Auf das vom LG angesprochene Interesse an einer zeitnahen Weitervermietung hat sich der Kläger nicht berufen. Es würde im Streitfall ohnehin noch keinen Verfügungsgrund darstellen, zumal keinerlei Mietrückstände bestehen bzw. bestanden.
Wertung des § 940a ZPO hilft dem Kläger nicht weiter
Ein Verfügungsgrund besteht auch nicht aus anderen Gründen. Der Kläger beruft sich insoweit (einzig) auf die Wertungen des § 940a Abs. 2 ZPO. Nach dieser Bestimmung darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.
Vorschrift gilt unmittelbar nur für Wohnraum
Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, da sie ausdrücklich nur für die Räumung von Wohnraum gilt. Auch eine analoge Anwendung scheidet nach herrschender Meinung aus, da es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Denn der Gesetzgeber hat sich trotz ausdrücklicher weitergehender Anregungen von Fachverbänden entschieden, die Vollstreckungserleichterungen auf das Wohnraummietrecht zu beschränken (OLG Celle v. 9.1.2020 – 2 U 116/19; OLG Frankfurt v. 13.9.2019 – 2 U 61/19; KG Berlin v. 9.5.2019 – 8 W 28/19; OLG München v. 12.12.2017 – 32 W 1939/17; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 18. Aufl., § 940a Rn 1; MüKo-ZPO/Drescher, 6. Aufl., § 940a Rn 9).
OLG entscheidet sich gegen analoge Anwendung
Teilweise wird allerdings die Auffassung vertreten, im Rahmen der Anwendung von § 940 ZPO könne die in § 940a Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung auf Geschäftsraummietverhältnisse übertragen werden (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; OLG München a.a.O. Rn.33 ff., 36, 38).
Soweit die vorgenannten Stimmen die Auffassung vertreten, dass der in § 940a Abs. 2 ZPO enthaltene Verfügungsgrund ("erst recht") ein Verfügungsgrund i.S.v. §§ 935, 940 ZPO sei (vgl. OLG Dresden v. 29.11.2017 – 5 U 1337/17 m.w.N.), kann dem nicht gefolgt werden. Denn diese Auffassung läuft auf eine unzulässige (analoge) Anwendung des nur für Wohnräume geltenden § 940a Abs. 2 ZPO hinaus.
Missbräuchliche Vollstreckungsverzögerung kann trotzdem eine Rolle spielen
Ob die dem § 940a Abs. 2 ZPO zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung/Motivation, die Verzögerung der Vollstreckung durch den Mieter mit Hilfe von missbräuchlich eingesetzten Untermietern zu verhindern (BT-Drucks 17/10485, S. 34), im Rahmen der zur Bejahung eine...