Wendet der Erblasser die Todesfallleistung aus einem Lebensversicherungsvertrag einem Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht schenkweise zu, so berechnet sich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Abs. 1 BGB weder nach der Versicherungsleistung noch nach der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien.
Die Pflichtteilsergänzung richtet sich vielmehr allein nach dem Wert, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten – juristischen – Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufswert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalls kann gegebenenfalls auch ein – objektiv belegter – höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein.
BGH, 28.4.2010 – IV ZR 73/08
Der Praxistipp
Pflichtteilsanspruch als Pfändungsobjekt
Während Schuldner von ihren Eltern häufig enterbt werden, damit der Erbteil nicht dem Gläubiger zufällt, kann der Pflichtteil nicht ohne weiteres entzogen werden (§ 2333 BGB). Der Pflichtteilsanspruch kann nach § 852 ZPO unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen gepfändet werden, die der BGH im Jahre 2009 präzisiert hat (hierzu FoVo 2009, 114 sowie Muster des Pfändungsbeschlusses in FoVo 2009, 169).
BGH: An bisheriger Berechnungsweise wird nicht festgehalten
Zu den Ansprüchen, die in diesem Zusammenhang zu pfänden sind, gehört auch der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Dessen konkrete Berechnung bei der Schenkung einer Lebensversicherung war bisher streitig. Der BGH hat in der Vergangenheit auf die Summe der von dem Erblasser zuvor gezahlten Prämien abgestellt (BGH v. 14.7.1952, IV ZR 74/52, BGHZ 7, 134; BGH v. 4.2.1976, IV ZR 156/73, FamRZ 1976, 616). Diese Rechtsprechung gibt der BGH nun auf, was entsprechende Auswirkungen auf die Zwangsvollstreckung hat, wenn die Pflichtteilsansprüche gepfändet wurden und Schenkungen von Lebensversicherungen.
Jetzt: Rückkaufswert oder Verkaufswert
Nach den Vorgaben des BGH ist nunmehr grundsätzlich der Rückkaufswert der Lebensversicherung am Todestag in die Abrechnung einzustellen. Über dessen Höhe kann die Versicherungsgesellschaft Auskunft geben. Ein höherer Ertrag lässt sich erzielen, wenn die Versicherung an einen Aufkäufer weiterveräußert wird. Handelt es sich um eine Lebensversicherung, die noch den alten Steuervorteil genießt, sind hier bis zu 15 % höhere Erlöse zu erzielen. Dem BGH reicht allerdings nicht die pauschale Behauptung, sondern es muss konkret nachgewiesen werden, für welchen Betrag ein Aufkäufer die Lebensversicherung erworben hätte. Dies kann im Einzelfall schwierig sein, insbesondere wenn die Zeit vorangeschritten ist. Für die Praxis hilft hier nur die konkrete Anfrage an entsprechende Gesellschaften wie etwa cashlife (www.cashlife.de). Hier finden Sie auch einen Online-Rechner.