Leitsatz
Die Zuständigkeit des Prozessgerichts – Rechtspflegers –, die Kosten der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung (Vorbereitungskosten), die zu den Zwangsvollstreckungskosten gehören, festzusetzen, besteht stets, wenn es nicht zur Zwangsvollstreckung aus dem Titel kommt.
OLG Düsseldorf, 1.2.2010 – 24 W 3/10
I. Der Fall
Festsetzung der Vergütung für eine Zahlungsaufforderung
Die Gläubigerin hat die Zwangsvollstreckung durch eine anwaltliche Zahlungsaufforderung nebst Vollstreckungsandrohung vorbereitet, wobei die Aufforderung übersetzt werden musste, da die Schuldnerin in Belgien lebt. Noch bevor es zur Zwangsvollstreckung kam, hat die Schuldnerin die titulierte Forderung, nicht aber die Kosten der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung ausgeglichen.
Wer ist zuständig?
Die Gläubigerin hat daraufhin beim Prozessgericht, dem Landgericht, beantragt, die anwaltliche Vergütung sowie die Übersetzungskosten gegen die Schuldnerin nach § 788 Abs. 2 ZPO festzusetzen. Die Rechtspflegerin hat den Antrag mit dem Argument als unzulässig zurückgewiesen, dass sie nicht zuständig sei. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin.
II. Die Entscheidung
Zahlungsaufforderung gehört zur Zwangsvollstreckung: Vollstreckungsgericht zuständig!
Die Ablehnung der Kostenfestsetzung beruht auf einer Verkennung der Zuständigkeit durch die Rechtspflegerin. Der Rechtspflegerin ist allerdings zuzugeben, dass die Kosten der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung (Vorbereitungskosten) nach allgemeiner Meinung zu den Zwangsvollstreckungskosten gehören (vgl. BGH NJW-RR 2008, 515 m.w.N.; OLG Celle NJW-RR 2009, 575). Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß §§ 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO fest.
Was aber, wenn es nicht zur Vollstreckung kommt?
Wie die Gläubigerin zutreffend ausgeführt hat, gilt dies jedoch nicht generell. Vielmehr ist danach zu differenzieren, ob die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird oder nicht (vgl. BGH a.a.O.). Nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Systematik des § 788 Abs. 2 ZPO ist dem Vollstreckungsgericht die – nach § 802 ZPO ausschließliche – Zuständigkeit für die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung nur für die Fälle übertragen, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist oder die Zwangsvollstreckung beendet ist. Kommt es hingegen nicht zur Zwangsvollstreckung aus dem Titel, kann das Vollstreckungsgericht, dem der Gesetzgeber wegen der größeren Sachnähe die Zuständigkeit für die Kosten der von ihm zu überwachenden Zwangsvollstreckung übertragen hat (BT-Drucks 13/341, S. 20), nicht mit der Sache befasst werden (BGH a.a.O.). Das ist z. B. der Fall, wenn der Gläubiger vor Beginn der Zwangsvollstreckung befriedigt wurde (Musielak/Lackmann, ZPO, 7. Aufl., § 788 Rn 3).
Dann (bleibt) das Prozessgericht zuständig
Ähnlich liegen die Dinge hier zum Nachteil der Schuldnerin, weil ein deutsches Vollstreckungsgericht mit der Zwangsvollstreckung der Klägerin nicht befasst werden kann. Diese begehrt die Festsetzung außergerichtlicher Kosten für die anwaltliche Zahlungsaufforderung nebst Vollstreckungsandrohung nach Erwirkung des Versäumnisurteils des LG Düsseldorf zuzüglich der für die in Belgien ansässige Schuldnerin aufgewendeten Übersetzungskosten. Eine Zwangsvollstreckung hat nicht stattgefunden und wird im Inland auch nicht durchgeführt werden. Denn die Klägerin hat nur die Möglichkeit, das erwirkte Versäumnisurteil in Belgien vollstrecken zu lassen. Dabei ist gänzlich offen, ob Vorbereitungskosten im Inland im Ausland festsetzbar sind (vgl. zur Vollstreckbarerklärung eines belgischen Urteils ohne Vorbereitungskosten OLG Köln OLGR 2000, 188).
Alternative: Neue Hauptsacheklage? Nicht prozessökonomisch!
Für die Zuständigkeit des Prozessgerichts im vorliegenden Fall sprechen neben dem Sinn und Zweck, der Systematik und dem Wortlaut der Vorschrift auch Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit. Denn das Prozessgericht ist in diesen Fällen ohnehin regelmäßig mit der Kostenfestsetzung befasst. Die gegenteilige Auffassung, dass das Prozessgericht nicht zur Entscheidung berufen sein könne, hätte, da – wie ausgeführt – eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgericht nicht begründet ist, zur Folge, dass die Klägerin einen neuen Rechtsstreit wegen der Vorbereitungskosten, ihre Notwendigkeit im Sinne von § 91 ZPO unterstellt, anstrengen müsste. Dafür, dass der Gesetzgeber dies gewollt haben könnte, ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich (BGH a.a.O.). Vielmehr spricht viel dafür, dass der Gläubiger in dem Stadium zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren eine Kostenfestsetzung durch das Prozessgericht erreichen kann, wenn ihm der Zugang zum Vollstreckungsgericht verwehrt ist.
Im Hinblick auf die verfahrensfehlerhaft verneinte Zuständigkeit ist der Rechtspflegerin die Sache zur Prüfung der Notwendigkei...