Leitsatz
Die Erinnerung des Untermieters oder Unterpächters eines Mieters oder Pächters des Schuldners gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung ist unzulässig, weil das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
BGH, 7.7.2011 – V ZB 9/11
1 I. Der Fall
Untermieterin rügt fehlerhafte Zustellung des Titels
Das AG hat auf Antrag des Gläubigers die Zwangsverwaltung angeordnet. Der Zwangsverwalter verklagte die Untermieterin auf Herausgabe von Gewerberäumen auf den Grundstücken, die diese von einer Mieterin des Schuldners gemietet haben will. Die Untermieterin hat beantragt, die Zwangsverwaltung wegen eines Mangels der Zustellung des Vollstreckungstitels aufzuheben. Das AG hat diesen Antrag als Erinnerung nach § 766 ZPO gewertet und ihn – ebenso wie das LG die sofortige Beschwerde – zurückgewiesen.
2 II. Die Entscheidung
Streitfrage: Ist der Untermieter am Verfahren beteiligt?
Ob ein Untermieter oder Unterpächter des Schuldners nach § 9 Nr. 2 ZVG Beteiligter eines Zwangsverwaltungsverfahrens ist, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird die Frage bejaht (Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 9 Rn 15; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 9 Anm. 2.10; Hintzen/Wolf, Handbuch zu Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn 11.68; Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 11. Aufl., Anm. B 1.3.1). Zur Begründung wird auf die Notwendigkeit eines Schutzes des Untermieters vor einem böswilligen oder saumseligen Hauptmieter verwiesen (Burchard, ZZP 32 [1904], 89, 129 f.). Teilweise wird die Frage verneint (Rellermeyer, in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 9 Rn 20; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 9 Anm. 8 a.E.; Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., § 9 Rn 87). Die Beteiligtenstellung sei dem Mieter oder Pächter mit § 9 Nr. 2 ZVG nur eingeräumt worden, um ihm die Möglichkeit zu verschaffen, in der Zwangsversteigerung für ihn günstigere Bedingungen zu erreichen (vgl. Begründung der Vorschrift in der Denkschrift zum ZVG bei Hahn, Die gesammten [sic] Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. 5, 1897, S. 36 f. = Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/1897, Anlageband 5, Aktenstück 607 S. 2839). Der Untermieter oder Unterpächter stehe dagegen in keiner rechtlichen Beziehung zum Schuldner.
Der BGH lässt die Frage offen
Diese Frage muss hier nicht entschieden werden. Die Erinnerung des Untermieters oder Unterpächters eines Mieters oder Pächters des Schuldners gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil ihr das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt. Die Rechtsstellung des Untermieters oder Unterpächters wird durch die Anordnung oder Nichtanordnung der Zwangsverwaltung unmittelbar nicht berührt. Die Anordnung der Zwangsverwaltung führt nach § 152 ZVG dazu, dass der Zwangsverwalter anstelle des Schuldners dessen Rechte als Vermieter oder Verpächter bestehender Miet- und Pachtverträge wahrzunehmen und dessen Pflichten gegenüber Mietern oder Pächtern zu erfüllen hat. Das mag für diese eine Beeinträchtigung sein, weil der Zwangsverwalter, anders als ein "normaler" Vermieter oder Verpächter, verpflichtet ist, den größtmöglichen Ertrag aus dem Grundstück "herauszuholen" (so OLG Düsseldorf ZfIR 1999, 324). Für Untermieter oder Unterpächter dieser Mieter oder Pächter trifft das aber nicht zu. Für sie ändert sich durch die Anordnung der Zwangsverwaltung nichts. Ihr Vertragspartner bleibt der Mieter oder Pächter des Schuldners. Die von Burchard beklagte Gefährdung von Rechten des Untermieters (ZZP 32 [1904], 89, 129) könnte auch nur im Zwangsversteigerungs-, nicht jedoch im Zwangsverwaltungsverfahren eintreten, um das es hier geht.
Rechtsschutzbedürfnis fehle bei mittelbarer Beeinträchtigung
Ein Rechtsschutzinteresse des Untermieters oder Unterpächters an einer Erinnerung gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung für das gemietete Grundstück ergibt sich auch nicht aus einer mittelbaren Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung. Diese ist zwar von dem Bestand des Hauptmiet- oder -pachtverhältnisses abhängig. Das ist aber keine Folge der Anordnung oder Nichtanordnung der Zwangsverwaltung, sondern eine Schwäche, die einer Untermiete oder Unterpacht stets und unabhängig von einer Zwangsverwaltung anhaftet, weil sie nur eine abgeleitete Rechtsstellung vermittelt. Diese verändert sich durch die Zwangsverwaltung nicht, weil der Zwangsverwalter nach § 152 ZVG dem Hauptmieter oder -pächter gegenüber nur die Rechte geltend machen kann, die dem Schuldner gegen diesen zustehen. Mit deren Geltendmachung muss ein Untermieter oder Unterpächter auch rechnen, wenn der Vermieter des Hauptmieters ein "normaler" Vermieter ist.
Ertrag der Zwangsverwaltung aus Untermiete bleibt unerheblich
Nichts anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Untermieterin daraus, dass die Erträge aus einem Untermiet- oder Unterpachtvertrag aufgrund der Anordnung der Zwangsverwaltung beschlagnahmt und von dem Zwangsverwalter einzuziehen sein können. Das ist nur bei einer hier nicht gegebenen Sondersituation der Fall. E...