I. Das Problem
Schuldner hat Gastwirtschaft mit hohen Tageseinnahmen
Der Gläubiger hat einen Vollstreckungstitel gegen den Schuldner. Dieser hat eine Speisegastwirtschaft eröffnet. Gerade im Hinblick auf die Vorweihnachtszeit, die Feiertage und Betriebsfeiern vermutet der Gläubiger dort nicht unerhebliche Tageseinnahmen. Mir stellt sich die Frage, wie ich hierauf zugreifen kann. Ich befürchte, dass der Schuldner die jeweiligen Tageseinnahmen nicht auf sein Bankkonto einzahlt, das ich bereits gepfändet habe, sondern "bar verwaltet". Wie kann ich diese Tageseinnahmen pfänden?
II. Die Lösung
Kassenpfändung ist das Stichwort
Die beabsichtigte Zwangsvollstreckungsmaßnahme zielt auf die Pfändung von Bargeld ab. Bei Bargeld handelt es sich um eine bewegliche Sache, so dass dieses der Mobiliarzwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher nach §§ 753, 754, 808 ff. ZPO unterliegt. Erforderlich ist mithin ein entsprechender Mobiliarzwangsvollstreckungsauftrag an den örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher.
Konkrete Weisungen an den Gerichtsvollzieher erteilen
Wird dem Gerichtsvollzieher ein Sachpfändungsauftrag erteilt, greift er auf das gesamte bewegliche Vermögen des Schuldners zu, soweit es nicht als Zubehör zum Haftungsverband der Hypothek gehört (§ 865 Abs. 2 ZPO). Will der Gläubiger demgegenüber gezielt auf die Tageseinnahmen eines Gaststätten- oder Restaurantbetreibers zugreifen, so muss er dem Gerichtsvollzieher eine entsprechende Weisung erteilen.
Hinweis
Der Gerichtsvollzieher hat nach §§ 58 Nr. 2, 104 GVGA – nach dem Entwurf der neuen, zum 1.1.2013 in Kraft zu setzenden GVGA künftig wohl in § 62 Abs. 3 GVGA geregelt – die Weisungen des Gläubigers grundsätzlich zu beachten, soweit diese nicht dem Gesetz oder den Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) widersprechen. Dabei hat der Gerichtsvollzieher auch nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt er einen Gläubigerauftrag ausführt. Die besondere Dringlichkeit oder die Ausführung eines Vollstreckungsauftrages zu einem bestimmten Zeitpunkt muss in Vorbereitung dieser Ermessensentscheidung deshalb begründet werden. Es ist also nicht der Gläubiger, der darlegen muss, dass eine Weisung unzulässig ist, sondern der Gerichtsvollzieher, der konkret benennen muss gegen welche Norm die Weisung verstoßen soll.
Wann sind Einnahmen zu erwarten?
Bei einer Speisegastwirtschaft werden die Haupteinnahmen zum Ende der Mittagspause, in den späteren Abendstunden sowie am Freitag- und Samstagabend zu erwarten sein. Der Gerichtsvollzieher sollte deshalb im vorstehenden Sinne gebeten werden, den Schuldner insbesondere zu diesen Zeiten und ggf. auch mehrfach bis zur Befriedigung der Vollstreckungsforderung aufzusuchen.
Hier droht Widerstand
Nach einer Entscheidung des AG Memmingen (DGVZ 1989, 27) soll der Gerichtsvollzieher an eine Weisung des Vollstreckungsgläubigers, zur Nachtzeit an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit eine Kassenpfändung durchzuführen, nicht gebunden sein, insbesondere dann, wenn der Gerichtsvollzieher wegen unaufschiebbarer und unwiderrufbarer Wochenenddispositionen nicht zur Verfügung steht und außerdem aufgrund vorhergehender Vollstreckungsversuche mit einem Erfolg der Kassenpfändung nicht zu rechnen ist. Dem muss widersprochen werden, wenn anderenfalls dem Gläubiger ein irreparabler Schaden droht. Deshalb ist dies nach der Lage des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden.
Hinweis
Die Kassenpfändung kann nur in Kooperation mit dem Gerichtsvollzieher erfolgreich sein, d.h. wenn dieser bereit ist, zur rechten Zeit die Kassenpfändung vorzunehmen, und dabei mit dem gebotenen Engagement nach den Tageseinnahmen sucht. Insoweit sollte frühzeitig mit dem Gerichtsvollzieher Kontakt aufgenommen und eine Strategie entwickelt werden, die dessen Belange an Abenden und Wochenenden berücksichtigt.
Erteilen Sie dem GV einen Dauerauftrag
Die Kassenpfändung zeigt sich insbesondere dann als wirksames Mittel der Zwangsvollstreckung, wenn der Gläubiger den Gerichtsvollzieher beauftragt, die Kassenpfändung in regelmäßigen Abständen zu wiederholen (LG Bonn DGVZ 1977, 44). Nur wenn diese erkennbar aussichtslos ist und allein zur Kostenbelastung des Schuldners führt, kann diese verweigert werden (AG Offenbach DGVZ 1991, 29). Dabei hat der Gläubiger nicht nur die Chance, regelmäßig Zahlungen auf seine Forderung zu erhalten, sondern übt auch erheblichen Druck auf den Schuldner aus, da diese Dauerpfändung geeignet ist, den Geschäftsbetrieb nachhaltig zu stören. Der Schuldner kann dem entgehen, indem er mit dem Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung trifft bzw. den Gerichtsvollzieher bis zum 31.12.2012 nach § 806b ZPO und ab dann nach § 802b ZPO (hierzu Goebel, FoVo 2012, 141 und 161) um Teil- bzw. Ratenzahlungen bittet.
Hinweis
Ein besonderer Druck entsteht für den Schuldner, wenn der Gläubiger den Gerichtsvollzieher gezielt auf den Aufbewahrungsort der Tageseinnahmen hinweisen kann. So wird aus der Vollstreckungspraxis geschildert, dass ein Gläubiger mit einer weiteren Person im Geschäf...