Rechtscharakter der Drittschuldnerauskunft
Hat der Gläubiger das Arbeitseinkommen des Schuldners ordnungsgemäß gepfändet, gibt ihm § 840 ZPO ein Recht, vom Arbeitgeber eine Drittschuldnerauskunft zu erhalten. Es handelt sich lediglich um eine Obliegenheit des Arbeitgebers, d.h. die Erfüllung ist nicht einklagbar, die Verletzung der Vorlagepflicht aber mit einer Schadensersatzpflicht verknüpft, deren Schärfe in der Praxis dann doch meist dazu führt, dass die Erklärung abgegeben wird. Wird die Auskunft erteilt, liegt darin kein abstraktes Schuldanerkenntnis, sehr wohl aber eine Wissenserklärung, deren späterer Widerruf zu Beweiserleichterungen im Einziehungsprozess führt.
Voraussetzungen für die Abgabe der Drittschuldnerauskunft
Der Arbeitgeber muss die Drittschuldnerauskunft nur abgeben, wenn eine ordnungsgemäße Forderungspfändung vorliegt, d.h. ihm ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) rechtswirksam zugestellt wurde. Damit wird die Pfändung bewirkt, § 829 Abs. 3 ZPO.
Hinweis
Enthält der PfÜB Fehler, bleibt dies zunächst unbeachtlich, weil Fehler des PfÜB nur zu seiner Anfechtbarkeit, nicht aber zu seiner Nichtigkeit führen.
Des Weiteren muss der Gläubiger den Arbeitgeber als Drittschuldner in der Zustellungsurkunde des Gerichtsvollziehers (!) aufgefordert haben, eine entsprechende Drittschuldnerauskunft abzugeben.
Hinweis
Grundsätzlich wird der PfÜB dem Drittschuldner vom Gerichtsvollzieher persönlich zugestellt, während die Zustellung an den Schuldner per Post erfolgt. Die persönliche Zustellung durch den Gerichtsvollzieher ist dabei nach Nrn. 100, 711 KVGvKostG insbesondere auch wegen des Wegegeldes erheblich teurer. Es kann deshalb sinnvoll sein, auch beim Drittschuldner die Zustellung per Post zu beauftragen. Dann hat der Gläubiger zwar kein Recht mehr auf eine Drittschuldnerauskunft, was in der Praxis aber nicht zu einem signifikanten Rückgang der Drittschuldnererklärungen führt. Viele EDV-Programme der Arbeitgeber knüpfen an die Zustellung als solches die Erklärung und prüfen die Form der Zustellung nicht.
Drei Erklärungspflichten
Der Arbeitgeber als Drittschuldner hat grundsätzlich drei Erklärungspflichten. Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären,
- ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei;
- ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen;
- ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.
Der Umfang der Erklärungspflichten im Einzelnen ist heftig umstritten. Weil die Erklärung nicht einklagbar ist, sondern es als Obliegenheit im Fall der Nichterfüllung lediglich einen Schadensersatzanspruch gibt, liegt allerdings wenig Rechtsprechung zu den Einzelheiten der Auskunftspflicht vor.
Hinweis
Der BGH (NJW 1999, 2276) hat ausgesprochen, dass die Erfüllung dieser vollstreckungsrechtlichen Auskunftspflicht eine vom Gesetzgeber aus der allgemeinen Zeugnispflicht abgeleitete staatsbürgerliche Pflicht ist, die der Gewährleistung einer im Interesse der Allgemeinheit liegenden funktionsfähigen Forderungsvollstreckung dient. Die Drittschuldnererklärung, deren Abgabe für den Vollstreckungsschuldner vielfach mit Nachteilen verbunden ist, liegt im Interesse des Pfändungsgläubigers (BGHZ 91, 126, 129; BGH WM 1985, 238, 239), ihre Abgabe zur Vermeidung der Schadensersatzhaftung aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO erfolgt im eigenen Interesse des Drittschuldners, nicht aber im Interesse des Schuldners.
Gläubiger soll Erfolgsaussicht prüfen können
In ihrer Funktion geht es also darum, dass der Gläubiger erkennen können soll, ob aus Sicht des Drittschuldners ein Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner besteht oder bestand, aus dem noch Ansprüche offen sind, die von der Pfändung umfasst werden. Zu den vom Drittschuldner geschuldeten Angaben gehört deshalb zumindest,
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ob der Schuldner beim Arbeitgeber beschäftigt war und noch beschäftigt ist; |
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in welcher Höhe ein (Netto-)Lohnanspruch besteht und in welcher Höhe sich hieraus ein pfändbarer Betrag ergibt; |
Hinweis
An dieser Stelle sind die Drittschuldnererklärungen der Arbeitgeber meist unzureichend. Dies gilt insbesondere für die Angabe der zu berücksichtigenden unterhaltsberechtigten Personen (wegen § 850c Abs. 4 ZPO), auch wenn die Angabe des pfändbaren Betrages Rückschlüsse zulässt. Da kein einklagbarer Anspruch auf die Drittschuldnerauskunft besteht, sollte der Gläubiger nicht weiter auf eine Nachbesserung der Drittschuldnerauskunft dringen, sondern eher die Herausgabe der monatlichen Lohnabrechnungen verlangen. Bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung stellt der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung nämlich nach dem BGH (FoVo 2013, 56) einen unselbständigen Nebenanspruch dar, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können. Wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Schuldner gegen den Drittschuldner derartige Ansprüche ...