Gläubiger hätte Klarheit schaffen können
Dass auch ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre, zeigt der BGH gleich im ersten Absatz. Der Vergleich hat sich nicht zu den vorherigen Vollstreckungskosten verhalten. Deshalb war auf die gesetzliche Regelung des § 788 Abs. 3 abzustellen. Es wäre dem Gläubiger aber auch möglich gewesen, im Prozessvergleich eine Vereinbarung zu treffen, wonach der Schuldner die bisher entstandenen Vollstreckungskosten zu tragen hat, sie von dem Vergleich also unberührt bleiben. Gerade wenn die Vergleichssumme weniger mit dem materiellen Recht als vielmehr mit der Leistungsfähigkeit des Schuldners in Zusammenhang steht, ist es gerechtfertigt, dass der Gläubiger nicht auch noch auf den bisher – berechtigt – entstandenen Kosten sitzen bleibt.
Weiter gehender Schadensersatzanspruch
Der Gläubiger bzw. sein Rechtsdienstleister muss sehen, dass neben den verlorenen Vollstreckungskosten ohne eine Regelung im Vergleich auch noch die Schadensersatzpflicht nach § 717 Abs. 2 ZPO im Raum steht. Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Gläubiger danach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Schuldner durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Nach der jetzigen Entscheidung des BGH kann nichts anderes gelten, wenn das Urteil durch einen Prozessvergleich geändert wird bzw. in einem solchen aufgeht.
Musterformulierung
"Soweit aus dem Prozessurteil vom … bereits Vollstreckungskosten entstanden sind, trägt der Schuldner diese. Ansprüche nach § 717 Abs. 2 ZPO sind ausgeschlossen."
Bei der Höhe Festgebühren beachten
Soweit der Gläubiger nicht alle Kosten verlangen kann, muss eine Berechnung im Einzelfall erfolgen. Eine quotale Kürzung kommt nicht in Betracht. In der Zwangsvollstreckung sind die Kosten des Vollstreckungsorgans nämlich weitgehend als Festgebühren ausgestaltet, so dass die Absenkung des Streitwerts sich zwar auf die 0,3-Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VVRVG auswirkt, nicht aber auf die Gebühren des Gerichtsvollziehers nach dem GvKostG und die Kosten des Vollstreckungsgerichts nach dem GKG. Vor diesem Hintergrund kann es auch wichtig sein, den Vergleichsbetrag zu betrachten. Lässt sich die vorstehende Musterformulierung nicht durchsetzen, senkt jede Gebührenstufe als Differenz weniger den Schaden des Gläubigers.
Besser keine materiell-rechtliche Stundung
Der BGH hat der Stundung keine Bedeutung im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit der früheren Vollstreckungskosten beigemessen. Darüber kann durchaus gestritten werden (vgl. die ablehnende Anm. von Hansens, RVGreport 2014, 398 unter Hinweis auf BGH AGS 2012, 90). Deshalb ist es sinnvoller, die Regelung nicht als materiell-rechtliche Stundung auszugestalten, sondern die sofortige Fälligkeit des Vergleichsbetrages (§ 271 BGB) festzustellen und dem Schuldner lediglich im Hinblick auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit zu gestatten, die Vergleichsforderung in Raten zu zahlen. Dessen bedarf es nur dann nicht, wenn durch die vorgeschlagene Formulierung der Schuldner die Kosten der vergangenen Vollstreckung übernimmt.
FoVo 11/2014, S. 212 - 214