Das LG widerspricht dem AG
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann der Gläubiger die Festsetzung des Pfandfreibetrags unter Berücksichtigung von § 850f Abs. 2 ZPO beantragen, nachdem er nachgewiesen hat, dass seine Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung stammt.
Anforderungen an den Nachweis beim VB
Zwar hat das AG zutreffend ausgeführt, dass der Vollstreckungstitel den qualifizierten Schuldgrund des § 850f Abs. 2 ZPO ausweisen muss und dass ein Vollstreckungsbescheid als Vollstreckungstitel nicht ausreicht, selbst wenn er eine Anspruchsgrundlage nennt, die eine vorsätzliche unerlaubte Handlung voraussetzt. Denn diese rechtliche Einordnung beruht allein auf gerichtlich nicht überprüfbaren Angaben des Gläubigers (BGH NW 2005, 1663; BGH NJW 2003, 515; Musielak/Voit/Becker, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 850f Rn 10 m.w.N.; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 850f Rn 9). Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht eine Urkunde vorlegt, in welcher der Schuldner einer solchen privilegierten Pfändung zustimmt (BGH NJW 2003, 515; Musielak/Voit/Becker, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 850f Rn 10).
Hier aber: Auszug aus der Insolvenztabelle
Hier liegt der Fall indes anders, da der Gläubiger nicht (mehr) aus dem Vollstreckungsbescheid vollstreckt, sondern aus der Insolvenztabelle. Gem. § 201 Abs. 2 InsO kann der Gläubiger aus einer in der Insolvenztabelle festgestellten Forderung, die vom Schuldner im Prüftermin nicht bestritten worden ist, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung wie aus einem vollstreckbaren Urteil betreiben (vgl. hierzu: BGH NJW 2006, 2922; LG Düsseldorf JurBüro 2008, 661; LG Heilbronn Rpfleger 2005, 98; MüKo-ZPO/Smid, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 850f Rn 18).
Die Rechtskraft der Feststellung zur Tabelle erstreckt sich dabei auch auf den Nachweis i.S.d. § 850f Abs. 2 ZPO, weswegen der Tabellenauszug – anders als der Vollstreckungsbescheid – einen Titel mit dem Vollstreckungsprivileg nach § 850f Abs. 2 ZPO darstellt. Dem steht nicht entgegen, dass auch bei der Forderungsprüfung im Insolvenzverfahren eine richterliche Schlüssigkeitsprüfung – wie im Rahmen des Mahnverfahrens – nicht erfolgt.
Denn anders als im Mahnverfahren muss der Gläubiger im Insolvenzverfahren nach § 174 Abs. 2 InsO Tatsachen angeben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass seiner Forderung eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt. Dadurch ist dem Schuldner eine Prüfung der Voraussetzungen möglich. Er hat zudem die Möglichkeit, den Rechtsgrund der Forderung im Prüfungstermin zu bestreiten, d.h. er kann allein der Einordnung der Forderung als solcher aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung widersprechen (BGH NJW 2006, 2922). Hinzu kommt, dass das Insolvenzgericht bei der Anmeldung einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach § 175 Abs. 2 InsO den Schuldner über die Rechtsfolgen des § 302 InsO sowie die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen hat.
Tabellenauszug ist nicht mit VB vergleichbar
Vor diesem Hintergrund kann das Verfahren zur Erlangung eines Tabellenauszuges als Titel nicht mit dem Erwirken eines Vollstreckungsbescheides gleichgesetzt werden, auch wenn die Forderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet wird, ursprünglich in einem Vollstreckungsbescheid tituliert worden war. Denn für einen Vollstreckungsbescheid ist weder ein Tatsachenvortrag erforderlich noch erfolgt eine inhaltliche Prüfung. Ist ein Vollstreckungsbescheid erlassen, wird dieser nach Anmeldung im Insolvenzverfahren und Feststellung zur Tabelle verbraucht bzw. "aufgezehrt", was ebenfalls gegen eine Gleichsetzung von Vollstreckungsbescheid und Forderungstabelle spricht.