Die Drittauskünfte nach § 802l ZPO
Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher bei drei unterschiedlichen Auskunftsstellen wichtige Vermögenswerte des Schuldners erfragen:
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Er kann bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben. |
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Er darf das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 Abgabenordnung). |
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Er ist ermächtigt, beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, zu erheben. |
Wertgrenze ist in der ZPO entfallen
Bis zum 20.11.2016 war die Einholung dieser sogenannten Drittauskünfte von einer Wertgrenze von 500 EUR abhängig. Nur wenn die betragsmäßig titulierte Forderung mehr als 500 EUR betrug, konnte der Gläubiger den Antrag stellen. Dabei war im Einzelnen streitig, welche Forderungsbestandteile bei der Berechnung der Forderung zu berücksichtigen waren.
Mit dem Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (BGBl I 2016, 2591) wurde neben § 755 ZPO auch § 802l ZPO geändert und die Wertgrenze dort gestrichen.
Hinweis
Der Gesetzgeber hat die Streichung damit begründet (BT-Drucks 18/9698, S. 23/23), dass so vermehrt Haftbefehle nach § 802g ZPO bei kleineren Forderungen vermieden werden, wenn der Schuldner zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht erscheint. Auch seien durch die Wertgrenze die Ermittlungsmöglichkeiten für Gläubiger geringerer Forderungen, wie sie insbesondere zwischen Verbrauchern und bei kleineren Unternehmen häufig vorliegen, eingeschränkt. Letztlich wollte der Gesetzgeber die Unklarheiten beseitigen, die durch verschiedene Auslegungen hinsichtlich des Umfangs der für die Forderungshöhe zu berücksichtigenden Nebenforderungen entstanden sind.
Aber: Wertgrenze für den Träger der Rentenversicherung
Während die Wertgrenze damit für Auskünfte beim Ausländerzentralregister (§ 755 Abs. 2), beim Bundeszentralamt für Steuern und beim Kraftfahrtbundesamt abschließend entfallen ist, verhält sich dies für die Träger der Rentenversicherung anders. Hier gab es eine doppelte Wertgrenze, nämlich einmal auf der Seite des Anfragenden, d.h. des Gläubigers und des Gerichtsvollziehers, und auch auf der Seite der Auskunftsstelle, d.h. des Trägers der Rentenversicherung. Hier wurde aber offenbar "vergessen", die maßgebliche Bestimmung in § 74a Abs. 2 SGB X zu ändern.
§ 74a Abs. 2 SGB X im Wortlaut
Zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens, dem zu vollstreckende Ansprüche von mindestens 500 EUR zugrunde liegen, dürfen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall auf Ersuchen des Gerichtsvollziehers die derzeitige Anschrift des Betroffenen, seinen derzeitigen oder zukünftigen Aufenthaltsort sowie Namen, Vornamen oder Firma und Anschriften seiner derzeitigen Arbeitgeber übermitteln, soweit kein Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden, und das Ersuchen nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind über § 4 Abs. 3 hinaus zur Übermittlung auch dann nicht verpflichtet, wenn sich die ersuchende Stelle die Angaben auf andere Weise beschaffen kann. Die Übermittlung ist nur zulässig, wenn
1. der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht nachkommt,
2. bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten wäre oder
3. die Anschrift oder der derzeitige oder zukünftige Aufenthaltsort des Schuldners trotz Anfrage bei der Meldebehörde nicht bekannt ist.
Der Gerichtsvollzieher hat in seinem Ersuchen zu bestätigen, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
Änderung verzögert sich – Alternativen bedenken
Die Änderung des § 74a Abs. 2 SGB ist zum Abschluss der letzten Wahlperiode nicht mehr gelungen. Es wird jetzt abzuwarten sein, wann die Bundesregierung wieder arbeitsfähig ist und die Änderung angeht. Die Gründe für die Streichung der Wertgrenze gelten insoweit fort.
Bis eine Änderung der Norm erfolgt ist, wird der Gläubiger hinnehmen müssen, dass bei den Trägern der Rentenversicherung die Auskunftspflicht beschränkt bleibt. Er muss deshalb bei kleineren Forderungen bis 500 EUR die eigene Informationsermittlung stärken. Das kann durch telefonische Nachfragen...