Grundsätzlich nur eine vollstreckbare Ausfertigung

Der Gläubiger erhält grundsätzlich nur eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels, bestehend aus dem Rubrum, der Beschlussformel und dem Tenor, § 317 Abs. 2 S. 3 ZPO, die um die Vollstreckungsklausel nach § 724 ZPO ergänzt und so zur vollstreckbaren Ausfertigung wird.

Das soll den Schuldner vor wiederholten und letztlich übermäßigen Vollstreckungen schützen. Gleichzeitig darf die Beschränkung der Zahl der vollstreckbaren Ausfertigungen aber nicht die effektive Zwangsvollstreckung hindern. Die Lösung für diesen Zielkonflikt liegt in § 733 ZPO. Kann der Gläubiger ein rechtliches Interesse an weiteren vollstreckbaren Ausfertigungen begründen, können sie ihm erteilt werden.

Rechtliches Interesse an weiterer Ausfertigung

Mehr ist also möglich, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse hat und überwiegende Belange des Schuldners nicht entgegenstehen. Hierzu kann – muss aber nicht – der Schuldner angehört werden.

 

Hinweis

Soweit die Anhörung des Schuldners die weitere Vollstreckung in ihrem Erfolg gefährdet, sollte das Gericht auf diesen Umstand hingewiesen und um ein Absehen von der Anhörung gebeten werden.

 

Checkliste: Rechtliches Interesse an einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung

Ein rechtliches Interesse nach § 733 ZPO kann darin liegen, dass

eine vom Prozessgericht erteilte vollstreckbare Ausfertigung den Gläubiger nicht erreicht hat (OLG München FamRZ 2013, 485),
die Vollstreckungsunterlagen auf dem Postweg zwischen dem Gläubiger und den Vollstreckungsorgangen verloren gegangen ist,
die Ausfertigung unrechtmäßig oder versehentlich dem Schuldner oder seinem Bevollmächtigten ausgehändigt wurde,
mehrere Vollstreckungsarten gleichzeitig ausgeführt werden sollen – etwa eine gleichzeitige Sachpfändung am Wohn- und Geschäftssitz oder mehreren Wohnsitzen –, um unrechtmäßige Vermögensverschiebungen zu vermeiden (KG Berlin Rpfleger 2011, 622),
gleichzeitig gegen Gesamtschuldner vollstreckt werden soll (OLG Koblenz MDR 1987, 676),
der frühere Bevollmächtigte des Gläubigers oder der Gerichtsvollzieher die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung verweigert (OLG Schleswig NJOZ 2010, 1484; OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 24956),
die vollstreckbare Ausfertigung durch die wiederkehrende Nutzung teilweise zerstört ist.

Der Antrag ist an das Gericht zu richten, das die erste vollstreckbare Ausfertigung hergestellt hat, d.h. das Prozessgericht oder bei Vollstreckungsbescheiden das zentrale Mahngericht. Nach § 797 Abs. 3 S. 2 ZPO wird bei vollstreckbaren Urkunden die weitere vollstreckbare Ausfertigung von dem die Urkunde verwahrenden Notar erteilt.

Muster xx1: Weitere vollstreckbare Ausfertigung

 

Muster: Weitere vollstreckbare Ausfertigung

An das … Gericht in …

In der Zwangsvollstreckungssache

Gläubiger ./. Schuldner

Az.: …

wird im Namen und in Vollmacht des Gläubigers beantragt,

1. dem Gläubiger eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des … (Titel) vom … , Az.: … , zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu erteilen und

2. von einer Anhörung des Schuldners abzusehen.

Zur Begründung wird ausgeführt:

Der Gläubiger war bereits im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des bezeichneten Vollstreckungstitels. Sie wurde dem Gerichtsvollzieher … mit normaler Post zur Einleitung der Zwangsvollstreckung übersandt. Dies wird hiermit versichert.

Der Gerichtsvollzieher hat mitgeteilt, dass die Vollstreckungsunterlagen bei ihm nie angekommen sind. Auf die anliegende Erklärung des Gerichtsvollziehers wird verwiesen.
Der Gerichtsvollzieher will die Vollstreckungsunterlagen zurückgesandt haben. Auf die anliegende Erklärung des Gerichtsvollziehers wird verwiesen. Die Unterlagen sind bis heute beim Gläubiger nicht eingegangen, was hiermit versichert wird.
Der Gläubiger möchte an mehreren Orten und auf mehrere Arten gleichzeitig die Vollstreckung einleiten, um einen tatsächlichen Vollstreckungserfolg erzielen zu können. Das macht die Erteilung der weiteren vollstreckbaren Ausfertigung erforderlich. Konkret sind folgende Maßnahmen ins Auge gefasst: … Werden die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nacheinander eingeleitet besteht die Gefahr, dass der Schuldner – gewarnt durch die erste Maßnahme – die weitere Vollstreckung vereitelt.
Die vollstreckbare Ausfertigung des Titels wurde irrtümlich dem damaligen Bevollmächtigten des Schuldners ausgehändigt. Tatsächlich hat der Schuldner die Forderung nicht beglichen, was sich daraus ergibt, dass …

Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung wird vom Gläubiger gemäß der Anlage zu diesem Antrag an Eides statt versichert.

Es wird ausdrücklich beantragt, von einer vorherigen Anhörung des Schuldners abzusehen. Die Anhörung ist nach § 733 ZPO nicht ausdrücklich vorgeschrieben, sondern in das Ermessen des Gerichtes gestellt. Bei der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Anhörung geeignet ist, den Vollstreckungserfolg zu gefährden, da der Schuldner dann in die Lage versetzt wird, dem Gläubiger den Zugriff auf k...

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