Leitsatz

1. Der Gerichtsvollzieher (GV) ist gemäß § 802b Abs. 1 ZPO trotz des Ausschlusses einer Zahlungsvereinbarung (im verpflichtenden Antragsvordruck Modul F) zur Herbeiführung einer gütlichen Erledigung verpflichtet.

2. Das ausschließliche Angebot der vom Gläubiger ausdrücklich ausgeschlossenen Zahlungsvereinbarung als gütliche Erledigung stellt eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des §§ 7 Abs. 1 GVKostG dar, die die Erhebung der Gebühr gemäß KV 207, 208 GvKostG ausschließt.

AG Langenfeld, Beschl. v. 11.1.2019 – 95 M 3548/18

1 I. Der Fall

Vermögensauskunft mit Ausschluss der gütlichen Einigung

Der Gläubiger beauftragte den GV mit der Abnahme der Vermögensauskunft. Unter der Rubrik F kreuzte der Gläubiger an: "Mit einer Zahlungsvereinbarung bin ich nicht einverstanden (§ 802b Abs. 2 S. 1 ZPO)." Der GV fertigte unter dem 14.9.2018 ein Schreiben an den Schuldner mit einer Zahlungsaufforderung und der Bestimmung des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft sowie der Ladung zu diesem Termin. In diesem Schreiben nahm der Obergerichtsvollzieher folgenden Passus auf:

GV bietet die gütliche Einigung trotzdem an – SU reagiert nicht

"Sollte es Ihnen nicht möglich sein, diese Forderung fristgerecht zu begleichen, biete ich Ihnen hiermit nach § 802b ZPO die gütliche Erledigung der Sache an. Die Bewilligung einer Ratenzahlung bei mir ist nur möglich, wenn Sie mir glaubhaft machen, wann, in welcher Höhe und aus welchen Mitteln (z.B. Arbeitgeberangabe mit Lohnnachweis) Sie die Raten aufbringen können. Ich weise darauf hin, dass der Gläubiger einer getroffenen Vereinbarung widersprechen kann. Zur gütlichen Erledigung ist es erforderlich, dass Sie sich persönlich mit mir innerhalb der Frist in Verbindung setzen."

Dieses Schreiben wurde dem Schuldner am 19.9.2018 zugestellt. Der Schuldner reagierte nicht und erschien auch nicht zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft.

Streit um die Kostenrechnung

Der GV berechnete der Gläubigerin in seiner Kostenrechnung unter anderem für den Versuch der gütlichen Erledigung die Gebühr KV 208 GvKostG in Höhe von 8,00 EUR. Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung, mit der sie geltend macht, dass im Hinblick auf die im Antrag ausgeschlossene Zahlungsvereinbarung, den sich hierauf gleichwohl beschränkenden Versuch der GV und das Fehlen eines Versuchs einer alternativen gütlichen Einigung die Gebühr KV 208 GvKostG nicht zu gewähren sei. Der GV hat der Erinnerung nicht abgeholfen, der Bezirksrevisor hat als Vertreter der Landeskasse Stellung genommen und ist der Erinnerung nicht entgegengetreten.

2 II. Die Entscheidung

Gütliche Erledigung auch gegen den Auftrag möglich

Die gemäß § 5 Abs. 2 GVKostG, § 66 GKG, § 766 ZPO statthafte Erinnerung der Gläubigerin ist begründet.

Dem GV steht die von ihm in seiner Kostenrechnung vom 10.10.2018 angesetzte Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung gemäß KV 208 GvKostG nach § 7 Abs. 1 GVKostG nicht zu. Zwar hat der GV in seinem Schreiben an den Schuldner diesem mit dem zitierten Passus eine gütliche Erledigung der Sache angeboten.

Dem Entstehen der Gebühr Nr. 207, 208 KV GvKostG steht es auch grundsätzlich nicht entgegen, wenn – wie vorliegend – der Gläubiger in dem Vollstreckungsauftrag vermerkt, mit einer Zahlungsvereinbarung gemäß § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO nicht einverstanden zu sein. Der GV ist gemäß § 802b Abs. 1 ZPO trotz des Ausschlusses einer Zahlungsvereinbarung zur Herbeiführung einer gütlichen Erledigung verpflichtet. Die in § 802b Abs. 2 ZPO ausdrücklich erwähnte Zahlungsvereinbarung stellt auch nicht die einzig mögliche Form einer gütlichen Erledigung dar. Deshalb kann der Gläubiger die dem GV gesetzlich auferlegte Verpflichtung, die Herbeiführung einer gütlichen Erledigung zu versuchen, nicht vollständig ausschließen. Der Ausschluss einer Zahlungsvereinbarung schränkt den Spielraum des GV für eine gütliche Erledigung lediglich stark ein.

Aber: ohne Auftrag keine Vergütungspflicht

Der GV hat in seinem Schreiben an den Schuldner auch eine gütliche Erledigung der Sache angeboten. Indessen beschränkte sich dieses Angebot inhaltlich auf eine Ratenzahlung und damit gerade auf die vom Gläubiger in seinem Vollstreckungsauftrag ausgeschlossene Zahlungsvereinbarung gemäß § 802b Abs. 2 ZPO.

Das ausschließliche Angebot dieser vom Gläubiger ausdrücklich ausgeschlossenen Zahlungsvereinbarung als gütliche Erledigung stellt eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 7 Abs. 1 GVKostG dar, die die Erhebung der Gebühr gemäß KV 207, 208 GvKostG ausschließt. Einen anderen Versuch einer gütlichen Erledigung, der über die angebotene Zahlungsvereinbarung hinausgeht und den Anfall der Gebühr KV 207, 208 GvKostG begründet hätte, ist weder aus den Vollstreckungsunterlagen des GV noch aus seinem Vortrag im vorliegenden Erinnerungsverfahren ersichtlich.

3 Der Praxistipp

Wann macht die gütliche Erledigung Sinn?

Lässt der Schuldner es zur Titulierung und Vollstreckung kommen, ist der zeitnahe und vollständige Forderungsausgleich meist unrealistisch. Die gütliche Erledigung ist deshalb grundsätzlich das Mittel der Wahl...

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