Leitsatz
Die Rechtanwaltsgebühr für eine erfolglose Vollstreckungsandrohung wird auf eine darauffolgende Gebühr für den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung angerechnet.
AG Heilbronn, Beschl. v. 25.5.2020 – 9 M 3821/20
1 I. Der Fall
Eine oder zwei Vollstreckungsgebühren, das ist hier die Frage
Am 2.4.2020 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers einen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft gestellt. In vorstehendem Antrag wurde gläubigerseits die Beitreibung der Gebühr für die Vollstreckungsandrohung vom 5.3.2020 in Höhe von 107,96 EUR und die Beitreibung der Gebühr für den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft vom 2.4.2020 in Höhe von 64,26 EUR beantragt.
GV will nur eine Gebühr ansetzen
Der GV teilte mit, dass die Gebühr für den Auftrag zur Abgabe der Vermögensauskunft mit der Gebühr für die Vollstreckungsandrohung zu verrechnen sei. Hiergegen wendet sich der Gläubiger im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO.
2 II. Die Entscheidung
Vollstreckungsandrohung und Vollstreckung als eine oder zwei Angelegenheiten?
Die Gebühr für die Vollstreckungsandrohung in Höhe von 107,96 EUR ist zunächst gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG entstanden. Bleibt die unter Androhung einer Vollstreckungsmaßnahme erfolgte Zahlungsaufforderung eines Vollstreckungsgläubigers – wie vorliegend – ohne Erfolg, stellt der im Nachgang erteilte Vollstreckungsauftrag eine Angelegenheit dar (LG Mainz v. 4.8.2005 – 3 T 130/05; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl. 2019, VV RVG 3309 Rn 433).
Nur eine Angelegenheit bei "sich anschließender Vollstreckungshandlung"
Die Vollstreckungsandrohung blieb vorliegend ohne Erfolg, sodass die Gebühr für diese (erfolglose) Vollstreckungsandrohung mit der Gebühr für den nachfolgenden, sich unmittelbar anschließenden Vollstreckungsauftrag zu verrechnen ist. Grund hierfür ist, dass die Vollstreckungsandrohung als solche keine eigene, sondern lediglich eine vorbereitende Maßnahme für den tatsächlichen Vollstreckungsauftrag ist (AG Strausberg v. 22.1.2012 – 11 M 2699/11).
Teilakte einer einheitlichen Vollstreckungsmaßnahme
Die einzelnen Teilakte der Zwangsvollstreckung von deren Vorbereitung bis zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers bilden gebührenrechtlich eine Angelegenheit, mithin eine Vollstreckungsmaßnahme i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, soweit sie miteinander in einem inneren Zusammenhang stehen und der jeweils nächste Akt sich als eine Fortsetzung der vorausgehenden Vollstreckungshandlung darstellt. Ein solcher innerer Zusammenhang besteht insbesondere zwischen Vollstreckungsandrohung und Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher (LG Mainz v. 4.8.2005 – 3 T 130/05).
3 Der Praxistipp
Leider vergisst das AG zu subsumieren
Die Darlegungen des AG sind nicht zu beanstanden und stehen im Einklang mit der allgemeinen Auffassung. Die Zahlungsaufforderung mit der Vollstreckungsandrohung und die darauf fußende Vollstreckungsmaßnahme stellen eine Angelegenheit dar. Es fällt dann auch nur einmal die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG an. Allerdings subsumiert das AG nicht und es lässt sich deshalb nicht erkennen, ob die Vollstreckungsandrohung denn auch auf die beauftragte Vollstreckungsmaßnahme gerichtet ist. Zumindest hätte man noch erwartet, dass deutlich gemacht wird, dass die Frist von einem Monat zwischen der Androhung (5.3.) und dem Vollstreckungsauftrag (2.4.) dem Unmittelbarkeitserfordernis noch Rechnung trägt.
Was der Gläubiger vortragen muss
Die Praxis zeigt die Situation häufig: Der Schuldner wird zur Zahlung aufgefordert und die Vollstreckung angedroht. Er reagiert nicht. Sodann wird Einsicht in das Schuldnerverzeichnis genommen und es offenbart sich eine Vielzahl von Eintragungen nach § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Auf eine Vollstreckungsmaßnahme wird deshalb verzichtet. Genau das muss der Rechtsdienstleister des Gläubigers vortragen, wenn er für diese Angelegenheit abschließend die 0,3-Verfahrensgebühr verdienen und für den Gläubiger vom Schuldner erstattet verlangen will.
Erlangen der Gläubiger oder sein Rechtsdienstleister dann später Kenntnis von einem Arbeitgeber oder einem Konto, wird eine neue Kausalkette in Gang gesetzt, die dann auch wieder geeignet ist, die 0,3-Verfahrensgebühr erneut entstehen zu lassen. Dann beruht nämlich die Vollstreckungsmaßnahme nicht mehr auf der ersten Androhung und sie steht hier auch weder in einem unmittelbaren noch in einem inneren Zusammenhang. Genau das muss der Gläubiger deutlich machen.
FoVo 11/2020, S. 218 - 219