Das Argument der Gläubigerin wird nicht gesehen
Auf den ersten Blick leuchtet die Entscheidung des AG ein. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Feststellung, dass die Erinnerung erledigt ist, voraussetzt, dass die Erinnerung ursprünglich zulässig und begründet war. Die ursprüngliche Zulässigkeit wird vom AG aber nur behauptet und nicht begründet.
Die Gläubigerin hat hierzu eingewandt, dass es des Erinnerungsverfahrens nicht bedurft hätte, wenn der Erinnerungsführer seine Identität gegenüber dem Gerichtsvollzieher offengelegt hätte. Damit macht die Gläubigerin deutlich, dass es aus ihrer Sicht an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Erinnerung gefehlt hat. Dem kann nicht ohne Weiteres die Schlüssigkeit abgesprochen werden. Es ist Grundlage des Rechtsschutzbedürfnisses für ein Rechtsmittel, dass der gegnerischen Partei die Gelegenheit gegeben wird, Abhilfe zu schaffen. Anderes wird nur bei Gefahr im Verzug anzunehmen sein. Dafür gibt der Sachverhalt nichts her.
Es wäre auch anders gegangen
Hätte der Erinnerungsführer den GV auf die fehlerhafte Identität hingewiesen, hätte dieser die Gläubigerin um Überprüfung gebeten und die Misslichkeit hätte sich aufgeklärt. Dann wären der Aufwand und die Kosten des Erinnerungsverfahrens nicht entstanden. War also die Erinnerung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, so war der Feststellungsantrag unbegründet und der Erinnerungsführer hätte nach § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens tragen müssen.
Wäre taktisch der Anschluss an die Erledigungserklärung besser gewesen?
Hätte sich die Gläubigerin der Erledigungserklärung des Erinnerungsführers angeschlossen, so wäre die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu treffen gewesen. Es wäre dann über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zu entscheiden gewesen. Vor dem Hintergrund, dass weder die Gläubigerin noch den Erinnerungsführer ein Verschulden an der falschen Auskunft des Einwohnermeldeamtes trifft, wäre es durchaus vertretbar gewesen, die Kosten gegeneinander aufzuheben, wenn man nicht aus den vorgenannten Gründen – Unzulässigkeit der Erinnerung – dem Erinnerungsführer die Kosten hätte auferlegen müssen. Möglicherweise hätte sich die Gläubigerin also besser gestanden, wenn sie sich der Erledigungserklärung angeschlossen und ihr Argument, ggfs. rechtlich pointierter, vorgetragen hätte.
Prüfen: Erinnerungsführer als Rechtsnachfolger des Schuldners?
Tatsächlicher Schuldner war nach dem Sachverhalt der vor der Erteilung des Vollstreckungsauftrags verstorbene Vater des Erinnerungsführers. Insoweit hätte auch zeitnah durch eine Anfrage an das Nachlassgericht nach §§ 13, 357 FamFG geklärt werden können, ob der Sohn als Erbe ggfs. neuer Schuldner geworden ist. Als Rechtsnachfolger gemäß §§ 1922, 1967 BGB hätte der Titel dann nach § 727 ZPO auf ihn umgeschrieben und die Zwangsvollstreckung betrieben werden können.
Kostenerstattung durch den Schuldner und Amtshaftungsanspruch prüfen
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens sind trotz allem Kosten der Zwangsvollstreckung und vom Schuldner nach § 788 ZPO zu ersetzen. Da der Schuldner verstorben ist, ist zu fragen, ob es haftende Erben gibt. Sollte es daran fehlen, existiert auch keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, so dass an einen Amtshaftungsanspruch gegen das Einwohnermeldeamt bzw. die es tragende Kommune nach § 839 BGB gedacht werden muss.
FoVo 11/2021, S. 238 - 240