GV muss weitere Vollstreckungsmaßnahmen ausführen

Zu Unrecht weigert sich die Obergerichtsvollzieherin, den Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin vom 11.5.2021 auszuführen, soweit sich dieser auf die Module K, L und M bezieht. Diese von der Gläubigerin begehrten Amtshandlungen stehen nicht im Zusammenhang mit der Vollstreckung des Haftbefehls. Eine tragfähige Begründung, warum diese von der Gläubigerin begehrten Amtshandlungen nicht durchgeführt werden sollen, legt die OGV nicht dar. Wertgrenzen für die Einholung von Drittauskünften bestehen nicht mehr.

Da die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen gem. § 750 Abs. 1 ZPO vorliegen und nicht ersichtlich ist, welche Gründe gegen die Durchführung dieser Amtshandlungen sprechen, war die Gerichtsvollzieherin diesbezüglich anzuweisen.

Der Haftbefehl ist dagegen nicht (mehr) vollstreckbar

Indes weigert sich die OGV zu Recht, den Haftbefehl zu vollstrecken. Zutreffend weist die OGV darauf hin, dass der Haftbefehl nicht mehr vollstreckbar ist, da die dem Haftbefehl zugrunde liegende Forderung unstreitig erfüllt ist.

Die Zulässigkeit der Vollstreckung des Haftbefehls definiert sich nicht allein über den dem Haftbefehl zugrunde liegenden Titel, hier den Versäumnisbeschluss des AG, sondern auch durch die geltend gemachte Forderung, wie sie in dem Vollstreckungsauftrag, der zum Erlass des Haftbefehls führte, aufgeführt ist. Dem vorangegangenen Vermögensauskunfts- und Haftbefehlsverfahren lagen Unterhaltsrückstände des Schuldners für den Monat August 2019 zugrunde. Allein wegen dieses Rückstandes wurde das Vermögensauskunftsverfahren – welches in den Haftbefehl mündete – betrieben. Nachdem diese Forderung unstreitig beglichen ist, kann der wegen dieser Forderung erlassene Haftbefehl nicht mehr vollstreckt werden. Zutreffend weist die Gläubigerin insoweit darauf hin, dass die Verhaftung zu unterbleiben hat, wenn der Schuldner die Leistung, die ihm laut Haftbefehl obliegt, erbringt, vgl. Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 802g Rn 20. Genau dies hat der Schuldner vorliegend getan.

Gegenargumente der Gläubigerin überzeugen das AG nicht

Den entgegenstehenden rechtlichen Erwägungen der Gläubigerin folgt das Gericht aus mehreren Gründen nicht.

Der Haftbefehl ergeht wegen "einer Forderung" aus einem Titel. Genau diese Forderung wird durch die Forderungsaufstellung des Gläubigers in dem Vollstreckungsauftrag bestimmt. Unerheblich ist, ob die Forderungsaufstellung oder der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers in dem Haftbefehl bezeichnet wird. Mit dieser Forderung wird der Schuldner bereits im Zusammenhang mit der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft bekannt gemacht. Soweit die Gläubigerin der Auffassung ist, der Haftbefehl nehme nur Bezug auf die titulierte Forderung, nicht aber auf einen bestimmten Vollstreckungsauftrag, ist dies unter Berücksichtigung obiger Erwägungen unzutreffend.
Gem. § 802f Abs. 1 ZPO wird dem Schuldner für die Begleichung der Forderung eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Dabei handelt es sich um die Forderung, wie sie sich aus der Forderungsaufstellung des Gläubigers (zzgl. Vollstreckungskosten) ergibt. Bedient der Schuldner diese Forderung, wird kein Haftbefehl erlassen. Demgemäß kann ein bereits erlassener Haftbefehl auch nicht vollstreckt werden, wenn genau diese Forderung zu einem späteren Zeitpunkt von dem Schuldner beglichen wird. Der Haftbefehl ist nach dem gesetzgeberischen Zweck keine Maßnahme zur Pönalisierung, sondern dient dazu, dem Gläubiger zur Befriedigung seiner vollstreckungsrechtlich geltend gemachten Forderung zu verhelfen.
Im Gegensatz zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, bei dem gem. § 850d Abs. 3 ZPO unter bestimmten Umständen auch erst künftig fällig werdende Ansprüche des Gläubigers Grundlage einer Pfändung sein können, ist dies im Haftbefehlsverfahren gerade nicht vorgesehen. Grundlage eines Haftbefehls können, wie insgesamt bei der Vollstreckung, nur bereits fällige Ansprüche des Gläubigers sein (vgl. auch § 751 Abs. 1 ZPO, § 271 BGB). Wie die OGV zu Recht mitteilt, war der Anspruch der Gläubigerin auf Zahlung von Unterhalt für den Monat Mai 2021 zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls im März 2020 noch gar nicht fällig. Einen "Vorratshaftbefehl" sieht das Gesetz nicht vor.
Soweit die Gläubigerin vorträgt, die Forderung aus dem Titel lebe jeden Monat wieder auf, sei sie auf obige Ausführungen zur Fälligkeit verwiesen.
Soweit die Gläubigerin darauf verweist, der Haftbefehl sei dem Schuldner noch gar nicht ausgehändigt worden, ist dies unerheblich. Dieser Umstand hat auf die Frage der Vollstreckbarkeit/Vollziehbarkeit des Haftbefehls keinen Einfluss. Auch nach Ablauf der Vollziehungsfrist des § 802h ZPO wird dem Schuldner der Haftbefehl nicht ausgehändigt.
Soweit die Gläubigerin vorträgt, dass sich der Schuldner durch Zahlungen stets der Vollziehung eines Haftbefehls entziehen könnte, ist dies zutreffend, indes aber nicht weiter zu beanstanden. Maßgeblich ist, dass der Gläubiger befriedigt wird, unerheblich mit welchem voll...

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