Leitsatz

Wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner beim Vollstreckungsversuch nicht antrifft und deshalb keine Feststellungen trifft, ändert das nichts daran, dass dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft eine Frist für die Begleichung der Forderung vorauszugehen hat.

AG Hamburg-Barmbek, 30.5.2013 – 804c M 110/13

1 I. Der Fall

Sachpfändung und (sofortige) Abnahme der Vermögensauskunft beantragt

Die Gläubigerin hatte durch ihre Prozessbevollmächtigten beim Gerichtsvollzieher die Pfändung und für den Fall, dass die Pfändung nicht zu einer sofortigen Befriedigung führe oder der Schuldner die Durchsuchung verweigere, die sofortige Abnahme der Vermögensauskunft sowie für den Fall eines Widerspruchs die Bestimmung eines Termins zur Vermögensauskunft beantragt. Weiter hatte sie erklärt: "Sollte der Schuldner im Termin nicht erscheinen oder die Abnahme der Vermögensauskunft ohne Grund verweigern, wird beantragt, die Vollstreckungsunterlagen dem zuständigen Richter beim Vollstreckungsgericht vorzulegen. Gegenüber dem zuständigen Vollstreckungsgericht beantragen wir, gemäß § 802g Haftbefehl gegen den Schuldner zu erlassen und eine Ausfertigung des Haftbefehls zu erteilen … "

Haftantrag: Gläubiger klärt den Antragsinhalt nicht

Der Gerichtsvollzieher hat die Wohnung des Schuldners aufgesucht, diesen dort aber nicht angetroffen. Der Gerichtsvollzieher hat daraufhin, weil ihm die Unpfändbarkeit bekannt sei, sofort einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumt. Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen des § 807 ZPO lägen vor, und hat dem Gericht den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zur Entscheidung vorgelegt. Das Gericht hat die Gläubigerin um Mitteilung gebeten, ob der Antrag gegenüber dem Gericht als bedingt oder unbedingt gestellt zu verstehen sei, und darauf hingewiesen, es werde, wenn sie sich innerhalb einer gesetzten Frist nicht melde, aufgrund der Formulierung des Antrags davon ausgehen, dass er gegenüber dem Gericht mit dortigem Eingang unbedingt gestellt sein solle. Die Gläubigerin hat sich innerhalb der Frist nicht erklärt.

2 II. Die Entscheidung

Haftbefehlsantrag ohne Bedingungen

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls ist wirksam gestellt. Die Gläubigerin hat ihren Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegenüber dem Vollstreckungsgericht nicht von Bedingungen abhängig gemacht, sondern lediglich den Gerichtsvollzieher gebeten, diesen nur für den Fall des Vorliegens bestimmter Bedingungen dem Gericht vorzulegen. Mit Eingang beim Vollstreckungsgericht ist der Antrag als gestellt anzusehen.

Voraussetzungen des Haftbefehls

Der Antrag ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls nach § 802g ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift erlässt auf Antrag des Gläubigers das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. Voraussetzung für den Erlass eines Haftbefehls ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift – wie auch nach dem bisherigen Recht (Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 901 Rn 2) – nicht nur, dass ein Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmt war, sondern auch, dass der Schuldner in dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet war. Vorliegend fehlt es jedoch an den Voraussetzungen.

Es fehlt an der Terminsbestimmung mit Fristsetzung

Der Schuldner war nicht nach § 802f ZPO zur Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet, denn der Gerichtsvollzieher hatte dem Schuldner nicht die dort vorgesehene Frist von zwei Wochen für die Begleichung der Forderung gesetzt. Die Voraussetzungen für die sofortige Abnahme der Vermögensauskunft nach § 807 Abs. 1 ZPO lagen nicht vor, auch nicht die Voraussetzungen für die Abnahme der Vermögensauskunft ohne Zahlungsfrist nach § 807 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 802f ZPO.

Voraussetzungen der Sofortabnahme liegen nicht vor

Nach § 807 Abs. 1 ZPO kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers abweichend von § 802f ZPO sofort abnehmen, wenn der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und entweder der Schuldner die Durchsuchung verweigert oder der Pfändungsversuch ergibt, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird.

Der Schuldner hat die Durchsuchung nicht verweigert. Er wurde nicht angetroffen und konnte sich über eine Zustimmung zur Durchsuchung deshalb nicht erklären.
Auch hat der Pfändungsversuch nicht ergeben, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen werde. Der Pfändungsversuch ist daran gescheitert, dass der Schuldner nicht anwesend war. Er hat zu keinerlei Feststellungen des Gerichtsvollziehers über die Pfändbarkeit geführt. Wenn dem Gerichtsvollzieher die Unpfändbarkeit schon vorher bekannt war, war diese Kenntnis kein Ergebnis des vorgenommenen Pfändungsversuchs. Im Übrigen wäre die so...

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