Leitsatz
Wurde im Rahmen der Zwangsvollstreckung gleichzeitig mit dem Antrag auf gütliche Erledigung der Sache auch der Antrag gestellt, im Fall der Verweigerung der Zustimmung eine Sachpfändung vorzunehmen oder eine Vermögensauskunft einzuholen, so entsteht die Gebühr nach Nr. 207 GvKostG regelmäßig nicht.
AG Lörrach, 9.8.2013 – 1 M 2326/13
1 I. Der Fall
Kombinierter Vollstreckungsauftrag
Die Gläubigerin hat den Gerichtsvollzieher (GV) beauftragt, mit dem Schuldner eine gütliche Einigung i.S.d. § 802b ZPO nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen herbeizuführen und die sich ergebende Vollstreckungsforderung in Höhe eines Teilbetrages von 500,00 EUR im Wege der Zwangsvollstreckung zuzüglich der Kosten für den Auftrag beizutreiben.
Reihenfolge
Hinsichtlich der Reihenfolge der Anträge hat sie bestimmt:
- Mit dem Schuldner soll eine gütliche Einigung i.S.d. § 802b ZPO nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen versucht werden.
- Soweit eine gütliche Einigung nicht erzielt werden kann oder ihr die Zustimmung verweigert wurde, ist die Sachpfändung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 4, 808 ZPO zu betreiben.
Streit um die Gebühren
Die Zwangsvollstreckung blieb fruchtlos, da pfändbare Gegenstände nicht vorgefunden wurden bzw. ein Pfändungsverbot bestand. Der GV teilte der Gläubigerin mit, dass die vorab forcierte gütliche Einigung vom Schuldner hinsichtlich der beizutreibenden Teilforderung und der verbleibenden Restforderung abgelehnt wurde, und stellte der Gläubigerin die Gebühr nach Nr. 604 GvKostG, die 12,50 EUR beträgt, doppelt in Rechnung, da zwei nicht erledigte Amtshandlungen vorlägen. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der Begründung, es sei nur eine Gebühr nach Nr. 604 GvKostG angefallen, da der Antrag auf Herbeiführung einer gütlichen Einigung und der Antrag auf Sachpfändung in einem Antrag zeitgleich gestellt worden seien.
2 II. Die Entscheidung
Gleichzeitiger Auftrag lässt Gebühr entfallen
Die Erinnerung der Gläubigerin ist gemäß § 766 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet. Dem Gerichtsvollzieher steht die Gebühr nach Nr. 604 GvKostG nur einmal zu, da die Gebühr nach Nr. 207 GvKostG nicht angefallen ist. Im vorliegenden Fall ist der Gerichtsvollzieher im selben Auftrag und damit gleichzeitig im Sinne dieser Vorschrift beauftragt worden, eine Sachpfändung nach § 802a Abs. 2 Nr. 4 ZPO durchzuführen. Eine Gebühr nach Nr. 207 GvKostG ist damit nicht angefallen.
Wortlaut der Norm ist eindeutig
Nach der Auffassung des Gerichts fällt die Gebühr nach Nr. 207 KVGvKostG grundsätzlich nicht an, wenn gleichzeitig der Antrag gestellt wird, eine Vermögensauskunft des Schuldners einzuholen (§ 802a Nr. 2 ZPO) oder die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben (§ 802a Abs. 2 Nr. 4 ZPO). Es erscheint insofern unerheblich, ob der Gläubiger beantragt, zunächst die gütliche Erledigung herbeizuführen und im Falle des Scheiterns der gütlichen Erledigung den Pfändungsversuch vorzunehmen. Der Wortlaut der Vorschrift zu Nr. 207 GvKostG regelt gerade einschränkend den Fall, dass zwei Aufträge, diese aber gleichzeitig, gestellt werden.
Andere Entscheidungen überzeugen nicht
Die Entscheidungen der Amtsgerichte Meißen (19.4.2013, 2 M 828/13) und Bretten (4.6.2013, M 431/13) erscheinen verfehlt, wenn der Anfall von zwei Gebühren bejaht wird, wenn die Maßnahme der versuchten gütlichen Einigung und Sachpfändung unter der Bedingung der Erfolglosigkeit der vorangegangenen Maßnahme durchgeführt werden soll. Diese Auffassung findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Auch wenn vom Gläubiger die logische Reihenfolge: zunächst Versuch der gütlichen Einigung und nur im Fall der Erfolglosigkeit Sachpfändung vorgegeben wird, so liegen damit keine isolierten Anträge vor, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Die Anträge sind gleichzeitig im Sinne der Kostenvorschrift gestellt. Nur wenn der Gläubiger sich darauf beschränkt, den Gerichtsvollzieher zu beauftragen, die gütliche Erledigung der Sache zu versuchen, und später dann doch noch weitere Maßnahmen in Auftrag gibt, fallen mehrere Gebühren an.
3 Der Praxistipp
Wille des Gesetzgebers konsequent umgesetzt
Der Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Sie setzt den Willen des Gesetzgebers konsequent um, der dahin ging, die gütliche Einigung in Zusammenhang mit der Sachpfändung und der Vermögensauskunft wie nach altem Recht nicht mit einer gesonderten Gebühr zu belegen. Nur wenn die gütliche Erledigung isoliert als neues Instrument eingesetzt wird, soll der Gerichtsvollzieher nicht ohne Vergütung bleiben. Als kombinierter Antrag wird die gütliche Erledigung dagegen nicht gesondert vergütet (s.a. LG Freiburg, 5.2.2014, 3 T 137/13, FMP 14).
Rechtsmittelweg
Auch wenn der Wortlaut der Norm und die gesetzgeberische Intention eindeutig sind, zeigt sich noch immer eine zersplitterte Rechtsprechung zu den anfallenden Kosten. Soweit der Gerichtsvollzieher die Gebühr ansetzt, sollte der Gläubiger deshalb Kostenerinnerung nach § 766 ZPO einlegen und zugleich die Zulassung der sofortigen Beschwerde beantragen, weil der Wert der Sache stets unter 200 EUR liegt und desh...