Zwangsvollstreckung nach dem Erbfall
Verstirbt der Schuldner, ist die Forderungsbeitreibung tatsächlich nicht beendet. Zunächst einmal gestattet § 779 ZPO, die Vollstreckung in den Nachlass fortzusetzen, wenn die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu Lebzeiten bereits begonnen hat.
Hinweis
Für die Frage, ob die Zwangsvollstreckung i.S.d. § 779 Abs. 1 ZPO bereits begonnen hat, ist nicht auf die einzelne Zwangsvollstreckungsmaßnahme, sondern auf die Zwangsvollstreckung im Ganzen abzustellen (BGH FoVo 2010, 7).
Hat die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners bereits begonnen, bevor der Schuldner verstorben ist, ist die Umschreibung des Titels, der dem Vollstreckungsauftrag zugrunde liegt, auf die Erben nicht erforderlich (AG Bremen JurBüro 2015, 209). Hierin liegt also ein besonderer Vorteil. Er wirkt sich aber nur aus, wenn der Gläubiger sehr zeitnah Kenntnis vom Erbfall erhält und der Nachlass noch in zugriffsfähiger Form und dem Erblasser zuzuordnend vorhanden ist. Diese Konstellation wird selten gegeben sein.
Erben haften für Nachlassverbindlichkeiten
Ungeachtet von § 779 ZPO haften der oder die Erben allerdings nach § 1967 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten, d.h. die Schulden des Erblassers. Bei untitulierten Forderungen sind also die Erben in Anspruch zu nehmen, bei titulierten Forderungen ist der Titel nach § 727 ZPO auf die Erben umzuschreiben. In beiden Fällen muss der Gläubiger also in Erfahrung bringen, wer die Erben sind und dies ggf. in öffentlich beurkundeter oder beglaubigter Form nachweisen können.
Einsichtsrecht in die Nachlassakten
Hat der Schuldner eine letztwillige Verfügung hinterlassen und die Erben selbst bestimmt, d.h. die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen, wird die Verfügung beim Nachlassgericht eröffnet; deshalb ist es richtig, dort nachzufragen. Das Auskunftsrecht des Gläubigers ergibt sich aus den §§ 13, 357 FamFG. Personen, die an einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen die Nachlassverfahren gehören, nicht unmittelbar beteiligt sind, kann nach § 13 Abs. 2 S. 1 FamFG Einsicht in die Akten gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen. Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist nach § 357 Abs. 1 FamFG auch berechtigt, eine eröffnete Verfügung von Todes wegen einzusehen.
Hinweis
Soweit Akteneinsicht gewährt wird, können die Berechtigten sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Die Abschrift ist auf Verlangen auch zu beglaubigen, was insbesondere für die Titelumschreibung nach § 727 ZPO von Bedeutung ist. § 357 Abs. 2 FamFG geht noch weiter und gibt auch ein Recht, eine Ausfertigung des Erbscheins zu erhalten.
Einsichtsrecht in die Nachlassakten
Wird eine Negativauskunft erteilt, sind Erben aufgrund einer letztwilligen Verfügung nicht vorhanden. Es ist dann nach den gesetzlichen Erben nach §§ 1931, 1924 ff. BGB zu fragen, vor allem also nach dem Ehegatten und den Kindern. Hier kann eine erweiterte Melderegisterauskunft nach § 46 BMG sowie eine Einsichtnahme in Personenstandsregister nach §§ 61, 62 PStG zu den gesuchten Personen führen.
Die Kosten: zu Unrecht erhoben!
Die Gebühr wurde allerdings zu Unrecht erhoben. Nach Nr. 1401 JVKostG wird für Bescheinigungen und schriftliche Auskünfte aus Akten und Büchern eine Gebühr von 15 EUR erhoben. Die Gebühr wird nach der Anmerkung auch für eine Bescheinigung erhoben, aus der sich ergibt, dass entsprechende Akten nicht geführt werden oder ein entsprechendes Verfahren nicht anhängig ist. Auf den ersten Blick legt dies nahe, dass die Gebühr zutreffend angesetzt wurde. Das lässt allerdings den Anwendungsbereich des JVKostG außer Betracht. Nach dessen § 1 Abs. 1 JVKostG gilt das Gesetz zunächst für die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Justizbehörden des Bundes in Justizverwaltungsangelegenheiten. Das Amtsgericht – Nachlassgericht – ist aber keine Justizbehörde des Bundes, sondern eine solche des Landes. Nach § 1 Abs. 2 JVKostG gilt es allerdings auch für die Justizbehörden der Länder in Justizverwaltungsangelegenheiten in im Einzelnen aufgeführten Verfahren. Auch diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor:
Die Einsichtnahme in die Nachlassakte ist schon keine Justizverwaltungsangelegenheit, sondern erfolgt nach §§ 13, 357 FamFG und ist damit Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Soweit eine Kostenpflicht bestehen sollte, könnte sich diese nur aus dem FamGKG oder dem GNotKG ergeben, nicht aber aus dem JVKostG.
Ungeachtet dessen sind die Nachlassverfahren bzw. die Einsichtnahme in die Nachlassakten nicht als von diesem Gesetz betroffene Angelegenheiten in § 1 Abs. 2 JVKostG aufgeführt.
Hinweis
Der Katalog ist auch abschließend. So hat das AG Frankfurt für die vergleichbare Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis entschieden, dass die Erhebung von Kosten für eine Negativauskunft aus einem nach altem Recht geführten Schu...