Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 S. 3 ZPO als Gesamtschuldner. Das bevorteilt den Gläubiger insoweit, wie der kooperative Schuldner meist auch leistungsfähig ist und dann für die Handlungen des nicht kooperativen Schuldners mithaftet. Keine Mithaftung begründet die Regelung allerdings für nicht notwendige Vollstreckungskosten, insbesondere nicht für die Kosten einer nicht notwendigen Einzelvollstreckung oder für die (mutwillige) Vollstreckung zunächst gegen den bekannt vermögenslosen Gesamtschuldner (Zöller-Szöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 788 Rn 10).
Zwei Lehren aus der Entscheidung
Gläubiger, Schuldner und die sie vertretenden Rechtsdienstleister müssen aus der Entscheidung zwei Lehren ziehen:
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Der Schuldner muss erkennen, dass er ggf. die gesamtschuldnerische Verurteilung vermeiden muss, wenn er keinen Einfluss auf die Räumung der übrigen Räumungsbeklagten hat. |
Hinweis
Das ist etwa bei studentischen Wohngemeinschaften oder auch bei schon getrennt lebenden Ehegatten oder bei in Auflösung befindlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften der Fall.
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Der Gläubiger muss ungeachtet dessen den Vollstreckungsantrag auch gegen die Gesamtschuldner richten, die der Räumungsverpflichtung schon nachgekommen sind, um dem Vorwurf zu entgehen, § 788 Abs. 1 S. 3 ZPO sei mangels Vollstreckungsauftrags gar nicht einschlägig. |
Gegenmeinung sehen, aber argumentativ entgegentreten
Das LG Frankfurt weist auf die Gegenmeinung des LG Koblenz (v. 21.3.2006 – 2 T 65/06, InVo 2006, 439) hin. Die Schuldner eines Räumungstitels haften zwar auch danach grundsätzlich als Gesamtschuldner für die Kosten der Zwangsräumung. Dies soll jedoch dann nicht gelten, wenn einer der gesamtschuldnerisch Haftenden seine Pflicht zum Auszug bereits vor Beginn der Zwangsvollstreckung freiwillig erfüllt hat und gegen ihn daher keine Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden. Begründet wird diese Sicht vom LG Koblenz nicht, sondern nur behauptet. Ebenso hatten bereits das LG Kassel (Rpfleger 2000, 402) und das LG Stuttgart (DGVZ 1993, 11) entschieden, was ohne Begründung in die Kommentarliteratur übernommen wurde (Zöller-Szöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 788 Rn 10 a.E.). Zu Recht weist das LG Frankfurt aber darauf hin, dass die Verpflichtung "Räumung" gerade nicht erfüllt wurde, weil noch ein oder mehrere Gesamtschuldner nicht geräumt haben und vor dem Vollstreckungsauftrag bereits ausgezogene Schuldner eben gesamtschuldnerisch auf die vollständige Räumung verurteilt wurden. Eine Vollstreckungsgegenklage nach einem Teilauszug könnte also keinen Erfolg haben. Das Vollstreckungsrecht darf nicht dazu führen, dass aus einer Gesamtschuld eine Teilschuld wird und damit das materielle Recht verändert wird.
FoVo 1/2016, S. 19 - 20