EU-Verordnung: vorläufige Kontopfändung ohne Titel
Die Verordnung Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen wurde am 27.6.2014 im Amtsblatt der EU verkündet (ABl 2014, L 189/59). Nach ihrem Art. 54 gilt sie als unmittelbar geltendes Recht in allen EU-Mitgliedsstaaten ab dem 18.1.2017 mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Dänemark.
Das Interessante
Nach der EuKoPfVO ist die vorläufige Kontopfändung – vergleichbar dem vorläufigen Zahlungsverbot nach § 845 ZPO – nicht nur bei titulierten, sondern auch bei untitulierten Forderungen möglich.
So schnell liegt eine grenzüberschreitende Sache vor
Nutzen Sie eigentlich Homebanking? Und wie sieht es mit Ihren Besuchen bei Ihrer Bank vor Ort aus? Die Antworten auf diese Fragen zeigen fast immer, dass der Bankkunde kaum noch die Bank vor Ort benötigt. Wo die Bank ihren Sitz hat, ist nicht mehr wesentlich. Diese Erkenntnis gilt auch für den Schuldner. Das legt es nahe, dass der Schuldner nicht zuletzt zur Vollstreckungserschwerung ein Konto bei einer ausländischen Bank eröffnet und – zumindest auch – seinen bargeldlosen Zahlungsverkehr über das Homebanking abwickelt.
Hinweis
Nach Art. 3 Abs. 1 EuKoPfVO gilt eine Rechtssache dann als grenzüberschreitend, wenn das mit dem Beschluss zur vorläufigen Pfändung vorläufig zu pfändende Bankkonto in einem anderen Mitgliedstaat geführt wird als dem Mitgliedstaat des Gerichts, bei dem der Beschluss zur vorläufigen Pfändung gemäß Art. 6 beantragt worden ist, oder dem Mitgliedstaat, in dem der Gläubiger seinen Wohnsitz hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung ist der Tag der Antragstellung.
Vorgehen bei untitulierter Forderung
Bei einer untitulierten Forderung ist das Gericht der Hauptsache für die Anordnung der vorläufigen Kontopfändung zuständig, Art. 6 Abs. 1 EuKoPfVO. Das Gericht der Hauptsache ist nach den einschlägigen Zuständigkeitsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Antrag gestellt wird, zu bestimmen.
Hinweis
Die EU-VO sieht allerdings einen besonderen Verbrauchergerichtsstand vor. Ist Schuldner ein Verbraucher und beruht die Forderung auf einem Vertrag mit dem Gläubiger, der nicht den beruflichen oder gewerblichen Zwecken des Schuldners diente, so sind örtlich ausschließlich die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat, zuständig.
Vorgehen bei titulierter Forderung
Ist die Forderung bereits tituliert, so sind die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem die zu vollstreckende Entscheidung erlassen wurde. Nach § 946 Abs. 1 ZPO n.F. ist bei einem vor deutschen Gerichten erlassenen Vollstreckungstitel auch in diesen Fällen das Gericht der Hauptsache zuständig.
Hinweis
In diesen Fällen ist es allerdings einfacher,
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die Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO durch die Beantragung eines isolierten Pfändungsbeschlusses zu betreiben, |
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dem Schuldner ein vorläufiges Zahlungsverbot nach § 845 ZPO zustellen zu lassen oder |
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unmittelbar den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach den §§ 828 ff. ZPO zu beantragen. |
Notwendige Glaubhaftmachung
Bei einer untitulierten Forderung muss der Gläubiger glaubhaft machen, dass
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ihm der geltend gemachte Anspruch zusteht, Art. 7 Abs. 2 EuKoPfVO, |
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ohne die vorläufige Pfändung die Gefahr besteht, dass die spätere Vollstreckung der Forderung unmöglich oder doch erheblich erschwert wird, Art. 7 Abs. 1 EuKoPfVO. |
Bei einer titulierten Forderung entfällt die Glaubhaftmachung der Forderungsberechtigung, da diese durch den Titel belegt ist.
Vereinfachte Antragstellung
Nach Art. 8 Abs. 1 EuKoPfVO sind die Anträge auf Erlass eines Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung unter Verwendung eines vorgegebenen Formblattes einzureichen.
Keine Anhörung
Wie im Rahmen der deutschen Forderungspfändung nach § 834 ZPO wird der Schuldner auch vor Erlass des Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung nicht angehört, Art. 11 EuKoPfVO. Das verhindert, dass der Schuldner durch eine vorherige Abtretung der Pfändung die Grundlage entzieht. Auch wenn die Abtretung anfechtbar wäre (§§ 3, 4 AnfG), würde dadurch die Vollstreckung wesentlich erschwert. Der Schuldner ist dadurch hinreichend gesichert, dass bei einer untitulierten Forderung regelmäßig eine Sicherheitsleistung angeordnet wird, während bei einer titulierten Forderung zumindest die Möglichkeit für das Gericht besteht.
Hinweis
Vor diesem Hintergrund sollte der Gläubiger zur Erforderlichkeit der Sicherheitsleistung und einer möglichen Höhe und Form der Erbringung der Sicherheitsleistung vortragen.
Kurze Fristen
Der europäis...