Leitsatz
Der Gerichtsvollzieher darf die Zustellung einer Vorpfändung nicht deshalb verweigern, weil er darin ein unzulässiges Auskunftsersuchen enthalten sieht.
AG Bayreuth, Beschl. v. 9.11.2016 – 2 M 2168/16
1 I. Der Fall
GV beanstandet einen Satz bei der Vorpfändung
Die Gläubigervertreter beantragten mit Schriftsatz vom 5.9.2016 die Zustellung eines vorläufigen Zahlungsverbotes. In diesem Schriftsatz ist als letzter Absatz Folgendes enthalten: "Der Drittschuldner wird gebeten, die Gläubigerin unverzüglich zu benachrichtigen, falls die oben genannte Kontoverbindung zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Zahlungsverbotes nicht mehr existieren sollte."
Streit um das Auskunftsverlangen
Im Hinblick auf diesen Absatz hat der zuständige Gerichtsvollzieher (GV) die Zustellung abgelehnt; dies mit der Begründung, dass im genannten Absatz eine unzulässige Aufforderung nach § 840 ZPO enthalten sei. Im Übrigen sei dies eine Aufforderung des Gläubigers zur Verletzung des Datenschutzes durch den Drittschuldner.
2 II. Die Entscheidung
Keine Zurückweisungskompetenz des GV
Hat der Gläubiger die von ihm selbst abgefasste Pfändungsanzeige unzulässigerweise mit einem Auskunftsverlangen verbunden, darf der Gerichtsvollzieher deren Zustellung nicht aus diesem Grund ablehnen (vgl. Schuschke-Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz § 845 ZPO Rn 4 m.w.N.). Vielmehr hat der GV ggf. den Drittschuldner dann aber auf die Unrichtigkeit des Auskunftsverlangens hinzuweisen und dessen Auskünfte nicht zu Protokoll zu nehmen (OLG Stuttgart NJW 1959, 581).
Keine datenschutzrechtlichen Bedenken
Auch aus datenschutzrechtlichen Gründen ist eine andere Entscheidung nicht angezeigt. Ob und in welchem Umfang seitens des Drittschuldners Auskunft erteilt wird, ist letztlich eine Frage, die der Drittschuldner entsprechend in eigener Verantwortung zu treffen hat. Diese Frage ist jedoch im Rahmen der Zustellung nicht von Bedeutung und auch nicht weiter zu prüfen.
3 Der Praxistipp
Die Vorpfändung kann über den GV in zwei verschiedenen Varianten erfolgen:
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Der GV kann mit der Erstellung des Benachrichtigungsschreibens und dessen Zustellung beauftragt werden. Es fallen dann einerseits Gebühren für die Erstellung des Schreibens nach Nr. 200 KV GvKostG und die Zustellungsgebühr nach Nr. 101 KV GvKostG nebst Auslagen an. |
Hinweis
Eine solche Verfahrensweise kann als bedingte Beauftragung nach einem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach §§ 802c, d ZPO oder auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO sinnvoll sein, weil der Gläubiger dann schneller agiert (§ 804 Abs. 3 ZPO) und sich die Bearbeitung des Posteingangs spart.
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Andererseits kann der Gläubiger das Benachrichtigungsschreiben auch selbst fertigen – wie im Fall des AG – und den GV lediglich mit dessen Zustellung beauftragen. In diesem Fall werden auch nur die Zustellungskosten erhoben. |
Während man im ersten Fall dem GV eine gewisse Prüfungskompetenz jedenfalls insoweit nicht absprechen können wird, wie er konkrete Gesetzesverstöße sieht, ist er im zweiten Fall in keiner Weise für den Inhalt des Schreibens verantwortlich und damit befasst. Es obliegt allein der Rechtsprüfung des Drittschuldners, ob und in welcher Weise er auf das Schreiben reagiert.
Drittschuldner kann, muss aber keine Auskunft geben
In der Sache ist zu sehen, dass der Gläubiger den Drittschuldner lediglich gebeten und nicht nachdrücklich aufgefordert hat, sich zur Existenz der Kontoverbindung zu äußern. Er hat dabei nicht den Eindruck erweckt, dass insoweit eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Dem Drittschuldner steht es also zunächst frei, die Auskunft zu erteilen. Dass er die Auskunft nicht erteilen muss, lässt sein Recht, sie dennoch zu geben, unberührt. Jedenfalls dann, wenn keine Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner besteht, gibt es keinen Grund, davon abzusehen. Es liegt auch im Eigeninteresse des Drittschuldners, die Bearbeitung einer offensichtlich ins Leere gehenden nachfolgenden Pfändung zu vermeiden.
Wie der GV dem Schuldner schadet
Dass der Drittschuldner zumindest eine Negativauskunft erteilt, liegt auch im Interesse des Schuldners. Die auf die Vorpfändung folgende Pfändung verursacht zu Lasten des Schuldners (§ 788 ZPO) nämlich Kosten von zumindest weiteren 74,86 EUR, wenn nicht deutlich höher, für den Erlass des PfÜB, dessen Zustellung an Schuldner und Drittschuldner sowie die Rechtsverfolgungskosten des Rechtsdienstleisters. Kosten, die der Schuldner auch dann zu tragen hat, wenn die Pfändung ins Leere geht. Deshalb ist es sachgerecht, wenn frühzeitig deutlich wird, dass die nicht erfolgversprechende Maßnahme unterbleibt.
FoVo 1/2017, S. 13 - 14