Ziel ist ein vollständiges Vermögensverzeichnis

Das Vermögensverzeichnis soll möglichst umfassend und erschöpfend Auskunft über alle Vermögenswerte des Schuldners geben. Von der Zweckrichtung des Vermögensverzeichnisses ausgehend, dem Gläubiger Möglichkeiten des Zugriffs auf diese Vermögenswerte zu schaffen, muss die Auskunft so beschaffen sein, dass der Gläubiger alle Informationen erhält, die notwendig sind, um unmittelbare Vollstreckungsanträge zu stellen. Soweit die Theorie.

Praxis ist, dass dieses Ziel selten erreicht wird

Die Praxis sieht häufig ganz anders aus. Vermögensverzeichnisse sind unvollständig, in sich widersprüchlich und stehen auch mit anderen Informationen nicht im Einklang. Der Gläubiger hat dann die Möglichkeit, die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses zu verlangen. Hierbei muss der Gläubiger allerdings eine umfangreiche Rechtsprechung beachten und den Widerstand vieler Gerichtsvollzieher (GV) gegen die Nachbesserung überwinden.

Schon das amtliche Formular hat Lücken

Das herkömmlich verwendete und dem Schuldner mit der Ladung zu übersendende Formular stellt dabei nur eine Hilfe für den Schuldner dar. Eine abschließende Regelung, welche Angaben zum Vermögen zu machen sind, ist damit nicht verbunden. Hierfür ist allein § 807 ZPO maßgeblich (ebenso Spring, NJW 1994, 1108). Dies gilt umso mehr, als in Literatur und Rechtsprechung weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass die amtlichen Vordrucke nicht geeignet sind, die vollständige Abgabe eines Vermögensverzeichnisses sicherzustellen (LG Deggendorf InVo 2003, 296 = JurBüro 2003, 159; Behr, Rpfleger 1988, 1; ders., JurBüro 1996, 289; ders., JurBüro 1996, 401 und 457 mit einer Rechtsprechungsübersicht bis 1995; David, MDR 2000, 195; LG Münster DGVZ 2000, 90; LG Cottbus JurBüro 2000, 326, 327; LG Bonn JurBüro 2000, 101; LG Darmstadt JurBüro 2000, 101; LG Passau JurBüro 1996, 329; a.A. soweit ersichtlich nur das LG Augsburg DGVZ 1993, 136 = Rpfleger 1993, 454 = JurBüro 1993, 751. Stöber, Rpfleger 1994, 321, 322 hält den amtlichen Vordruck allerdings für bestimmte Fälle sogar für zu überladen).

GV muss deshalb nachfragen

Auch die Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) erkennen dies an, wenn in § 185d Nr. 2 von weiteren Fragen des Gläubigers gesprochen wird, auf deren Beantwortung der GV drängen soll. Da die Fallzahlen der GV diesen kaum eine individuelle Ergänzung des Vermögensverzeichnisses erlauben, liegt es an dem Gläubiger, durch gezielte Fragen über den amtlichen Vordruck hinausgehende oder diesen ergänzende Fragen zu stellen.

 
Hinweis

Nach § 185d Nr. 2 GVGA hat der GV das Vermögensverzeichnis mit dem Schuldner erschöpfend durchzusprechen und fehlende oder unzureichende Angaben ergänzen oder verbessern zu lassen. Dabei hat er den Schuldner auf besondere Fehlerquellen beim Ausfüllen des Vermögensverzeichnisses hinzuweisen. Letztlich hat der Gerichtsvollzieher auch auf die Vollständigkeit und die Beantwortung der von dem Gläubiger zuvor schriftlich gestellten Fragen zu dringen.

 
Praxis-Beispiel

Nimmt der Schuldner bei der wiederholten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung innerhalb der Sperrfrist Bezug auf mehrere (im entschiedenen Fall: drei) vorherige Vermögensverzeichnisse aus anderen Verfahren, die miteinander durch Bezugnahmen verkettet sind und die sich teilweise widersprechen, ist die neue eidesstattliche Versicherung mangels Klarstellung, welche Angaben gelten sollen, widersprüchlich, lückenhaft und ungenau. Kann zudem nicht festgestellt werden, dass der Gerichtsvollzieher die einzelnen Fragen und Antworten mit dem Schuldner durchgesprochen und erörtert hat, muss der Schuldner das Vermögensverzeichnis auf Antrag des Gläubigers ohne ein neues Verfahren nachbessern und vervollständigen (LG Ellwangen DGVZ 2006, 72, hierzu Schmidt, DGVZ 2006, 67).

GV muss deshalb nachfragen

Fragt der Gläubiger nach, verlangt die Rechtsprechung, dass die Fragen auf den konkreten Fall bezogen sind und an der Lebenswirklichkeit des Schuldners nicht vorbeigehen. Dabei dürfen im Hinblick auf § 807 ZPO die Anforderungen an die Darlegungen des Gläubigers allerdings nicht überspannt werden. Über den Fragenkatalog des verwendeten Vordrucks hinausgehende Fragen sind im Sinne einer effektiven Zwangsvollstreckung, die den Anforderungen des Art. 14 GG entspricht, dann zuzulassen, wenn sie nicht offensichtlich auf Ausforschung der allgemeinen Lebensverhältnisse angelegt sind. Dies ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn der Gläubiger darlegen kann, dass ihm eine Antwort des Schuldners eine weitere Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet. Das hat nun auch der BGH erkannt und in dieser Weise entschieden (BGH v. 20.11.2008, I ZB 20/06 = FoVo 2009, 157).

 
Hinweis

Der BGH hat für die Nachbesserung im Hinblick auf die Forderungspfändung festgestellt, dass die Pflicht des Schuldners zur Vermögensoffenbarung nach ihrem Zweck nicht nur Forderungen umfasst, deren Pfändbarkeit von vornherein zweifelsfrei feststeht. Hiergegen spricht schon, dass nach § 807 Abs. 2 S. 2 ZPO von der Of...

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