Der BGH spricht ein Machtwort
Der BGH hat zu Recht wieder einmal ein Machtwort gesprochen und der allzu schnellen Annahme einer "besonderen Härte" durch eine Vollstreckungsmaßnahme widersprochen. In der Rechtsprechung der Amtsgerichte und teilweise auch der Landgerichte als Beschwerdegerichte wird immer wieder übersehen, dass § 765a ZPO zwei wesentliche Voraussetzungen hat.
Was bedeutet "besondere Härte"?
Zum einen muss sich die konkrete Maßnahme als "besondere Härte" darstellen, den Schuldner also aus der Masse der Schuldner, die einer Vollstreckungsmaßnahme ausgesetzt sind, nachteilig herausheben. Dies ist dem Ausnahmecharakter der Vorschrift geschuldet, die eine enge Auslegung verlangt (BGH in st. Rspr.; vgl. nur BGH NJW-RR 2007, 417 m.w.N.). Weder wirtschaftliche noch soziale Erwägungen vermögen eine besondere Härte zu begründen (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 765a Rn 5). Es wäre Aufgabe des Gesetzgebers, in diesen Fällen einzuschreiten. Die besondere Härte kann sich also nur im ganz konkreten Einzelfall zeigen. Tatsächlich argumentieren die Schuldner aber meist generell, was ihrem Antrag schon die Schlüssigkeit nimmt.
Dazu: Sittenwidrigkeit!
Des Weiteren muss die so festzustellende besondere Härte auch noch gegen die guten Sitten verstoßen. Diese Feststellung muss unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers erfolgen. Auch diese Voraussetzung darf nicht voreilig angenommen werden. Nicht jede Folge, die unangenehm ist und den Schuldner beeinträchtigt, verstößt zugleich gegen die guten Sitten. Es muss hierbei insbesondere im Auge behalten werden, dass der Schuldner die Ursache für seine Situation gesetzt hat, in dem er einerseits eine Leistung in Anspruch genommen hat, andererseits die dafür fällige Gegenleistung nicht erbracht hat. Auch die Rolle des Gläubigers, der aus seinem Vermögen bereits die Leistung hingegeben hat, muss gewürdigt werden. Die für die Beurteilung des Falles wesentlichen Umstände müssen eindeutig sein und so stark zugunsten des Schuldners sprechen, dass für Zweifel kein Raum bleibt (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl. § 765a Rn 5).
Wichtig: Aufhebung nur, soweit die Härte reicht
Die Entscheidung des BGH weist dann auf einen ganz wesentlichen weiteren Aspekt des Antrages nach § 765a ZPO hin. Es muss im Einzelfall sehr genau geprüft werden, wie weit die Härte reicht. Nur in diesem Umfang kommt eine Einstellung oder gar Aufhebung der Zwangsvollstreckung in Betracht.
So ist anerkannt, dass eine Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme nur in Betracht kommt, wenn gesichert ist, dass die "besondere Härte" dauerhaft besteht. Soweit nur irgendwie vertretbar, wird der Schuldner auch Sicherheit zu leisten haben (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 765a Rn 5). Auch Auflagen müssen in Betracht gezogen werden, etwa dass der Schuldner sich in Behandlung begibt, wenn er gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Vollstreckung geltend macht.
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