Leitsatz
Werden mehrere Forderungen des Schuldners gegen verschiedene Drittschuldner in einem einheitlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet, so handelt es sich um einen einheitlichen Gegenstand. Eine Vervielfältigung des Werts der titulierten Forderung kommt nicht in Betracht.
AG Mosbach, 28.4.2010– 3 M 6247/10
1 I. Der Fall
PfüB gegen mehrere Drittschuldner
Die Gläubigerin beantragte den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) in Forderungen des Schuldners gegen zwei Kreditinstitute wegen einer Hauptforderung in Höhe von 596,45 EUR zuzüglich Nebenforderungen, insgesamt 775,03 EUR. Für das Verfahren machte der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 1.550,07 EUR geltend. Die Berechnung der Vergütung begründete der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin mit § 22 Abs. 1 RVG.
Gericht kürzt Gegenstandswert
Mit Erlass des PfÜB kürzte das Gericht die geltend gemachte Vergütung um 23,40 EUR, da der Gegenstandswert gemäß § 25 RVG in Höhe der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen zugrunde gelegt wurde. Hiergegen richtet sich die Erinnerung.
2 II. Die Entscheidung
AG weist Erinnerung zurück
Die Erinnerung hat keinen Erfolg. Der Rechtspfleger hat zu Recht die Gebühren entsprechend dem Gegenstandswert in Höhe der titulierten Forderung nebst Kosten gemäß § 25 RVG festgesetzt.
Gegenstandwert bestimme sich nach § 25 RVG
Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen. Bei Pfändung eines bestimmten Gegenstandes wird bei einem geringeren Wert dieses Gegenstandes der geringere Wert festgesetzt, demgemäß bei der Vollstreckung in Geldforderungen die möglicherweise geringerwertige Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner.
Es liege nur eine Angelegenheit vor
Gemäß § 18 Nr. 1 RVG handelt es sich bei einer Vollstreckungsmaßnahme, hier die Beantragung eines PfÜB, um eine Angelegenheit. Gleichwohl handelt es sich bei der Zusammenfassung mehrerer Pfändungen in einem PfÜB bei Vollstreckung aus einer titulierten Forderung nicht um mehrere Gegenstände i.S.d. § 22 RVG, die eine Zusammenrechnung bzw. Vervielfachung der titulierten Forderung rechtfertigen würden, da für die Frage des Gegenstandes bzw. nach dessen Wert in der Zwangsvollstreckung von § 25 Abs. 1 RVG auszugehen ist. Insoweit ist § 25 RVG vorrangig. Damit führt die Vollstreckung wegen einer titulierten Forderung in verschiedene Forderungen des Schuldners aber nicht zu einer Vervielfachung der Gegenstände.
Etwas anderes mag gelten, wenn der Gläubiger wegen mehrerer titulierter Hauptforderungen in eine Forderung des Schuldners gegen einen oder mehrere Drittschuldner vollstreckt. Insoweit schließt § 25 RVG auch eine Anwendung des § 22 RVG nicht aus. Dies muss allerdings vorliegend nicht entschieden werden.
PfÜB getrennt beantragen?
Zwar ist es zutreffend, dass die Gläubigerin, sofern sie PfÜB gegen verschiedene Drittschuldner getrennt beantragt, jedes Mal eine 0,3-Gebühr gemäß VV 3309 RVG geltend machen kann, doch ist insoweit zu berücksichtigen, dass bei Einzelbeantragung von PfÜB gegen verschiedene Drittschuldner diese 0,3-Gebühr ohne nähere Begründung nicht erstattungsfähig ist (Zöller-Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 788 Rn 13 "Forderungspfändung"). Auch dies spricht dafür, die Pfändung wegen einer titulierten Forderung in mehrere Forderungen des Schuldners als einen Gegenstand anzusehen, der damit keine Addition gemäß § 22 RVG hervorruft.
3 Der Praxistipp
Andere Auffassungen in der Rechtsprechung und Literatur
Die Entscheidung des AG Mosbach überzeugt nicht. Anders haben den Sachverhalt deshalb etwa auch das LG Koblenz (v. 6.2.2009, 2 T 92/09 = AGS 2009, 269) und das AG Berlin-Mitte (v. 28.7.2009, 32 M 4973/09 = JurBüro 2009, 606) gesehen. Auch in der Literatur wird die Auffassung des AG Mosbach nicht geteilt (Bischof, RVG, 3. Aufl. 2009, § 22 Rn 27). Auf dieser Grundlage kann der Bevollmächtigte also einen höheren Gegenstandswert ohne weiteres geltend machen.
Argumentation des AG Mosbach überzeugt nicht
Das Amtsgericht bestreitet nicht, dass bei der getrennten Beantragung der PfÜB gegen mehrere Drittschuldner die Gebühren grundsätzlich jeweils gesondert anfallen. Soweit das Amtsgericht in diesen Fällen die Gebühren aber nicht gewähren will, übersieht es den rechtlichen Ansatzpunkt. Die Geltendmachung von zwei Gebühren kann nämlich nicht "notwendig" im Sinne des § 788 ZPO sein, weil die Zusammenrechnung der Gegenstände und die Erhebung einer einmaligen 0,3-Verfahrensgebühr aus diesem Gegenstand zu einer geringeren Gebühr führt als die Erhebung von zwei 0,3-Verfahrensgebühren aus dem niedrigeren Gegenstandswert. Die Berufung auf Zöller begründet die Auffassung des AG jedenfalls nicht. Auch bei den dort zitierten Urteilen geht es stets nur um die Frage, ob eine oder zwei Gebühren erhoben werden, nicht aber um die Höhe des Gegenstandswertes.
Der sachliche Grund für die Erhöhung des Gegensta...