Der Bundestag hat am 9.11.2012 das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess beschlossen. Damit gehen aber auch weitere Änderungen einher, die auch das gerichtliche Mahnverfahren und die Zwangsvollstreckung betreffen. Während die Rechtsmittelbelehrungen erst ab dem 1.1.2014 zu erteilen sind, treten die übrigen Änderungen am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es ist damit zu rechnen, dass das Gesetz zum Jahresende bekannt gemacht wird.

Pfändungsfreibetrag für Selbstständige steigt

Durch Änderungen in § 851c Abs. 2 ZPO soll die Gesamtsumme der pfändungsfreien Beiträge für den Pfändungsschutz der Altersvorsorge Selbstständiger erhöht und die Ansparphase bis zum vollendeten 67. Lebensjahr verlängert werden. Um eine angemessene Alterssicherung aufzubauen, kann der Schuldner unter Berücksichtigung der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, des Sterblichkeitsrisikos und der Höhe der Pfändungsfreigrenze nach seinem Lebensalter gestaffelt jährlich einen bestimmten Betrag unpfändbar auf der Grundlage eines Vertrages nach § 851c ZPO künftig bis zu einer Gesamtsumme von 256.000 EUR statt bisher 238.000 EUR ansammeln.

Grundsätzlich soll der Gesamtbetrag der Beträge, die der Selbstständige ansparen darf, zu einer Altersrente in Höhe der nach § 850c ZPO bei einem abhängig Beschäftigten geschützten Beträge führen. Seit der Einführung der Regelung im Jahre 2007 haben sich wesentliche Berechnungsfaktoren geändert. Dem trägt der Gesetzgeber jetzt Rechnung.

Rechtsmittelbelehrungen in Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung

Im gerichtlichen Mahnverfahren und im Zwangsvollstreckungsverfahren sind Rechtsbehelfsbelehrungen wie in der gesamten ZPO und anders als in anderen Verfahrensordnungen und im Verwaltungsverfahren bisher nicht vorgeschrieben. Nach Ansicht des Gesetzgebers erschwert das den Bürgerinnen und Bürgern die Orientierung im gerichtlichen Instanzenzug und erhöht die Gefahr unzulässiger Rechtsbehelfe. Die Neuregelung zielt daher – allerdings mit einer Übergangsfrist für die Entwicklung solcher Rechtsbehelfsbelehrungen bis zum 1.1.2014 für die Landesjustizverwaltungen – auf die Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrungspflicht in allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen die anwaltliche Vertretung nicht obligatorisch ist. Die Regelung wird beispielsweise für das gerichtliche Mahnverfahren zum Mahnbescheid und zum Vollstreckungsbescheid sowie bei allen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung in § 232 ZPO aufgenommen werden, der zuletzt keinen Inhalt mehr hatte.

 

Im Wortlaut: § 232 ZPO n.F.

"Jede anfechtbare gerichtliche Entscheidung hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie über das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, über den Sitz des Gerichts und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Dies gilt nicht in Verfahren, in denen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, es sei denn, es ist über einen Einspruch oder Widerspruch zu belehren oder die Belehrung ist an einen Zeugen oder Sachverständigen zu richten. Über die Möglichkeit der Sprungrevision muss nicht belehrt werden."

 

Hinweis

Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten werden oder nicht. Entscheidend ist, ob im Sinne des § 78 ZPO Anwaltszwang besteht oder nicht. Nur im letzten Fall bedarf es einer Rechtsbehelfsbelehrung, soweit nichts anderes ausdrücklich angeordnet ist.

Auch in das Kostenrecht wird die Rechtsbehelfsbelehrung Einzug halten. Jede Kostenrechnung und jede anfechtbare Entscheidung muss nach § 5b GKG und jede vergleichbare Entscheidung des Gerichtsvollziehers nach § 3a GvKostG mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein. Sie muss jeweils darstellen, welches Rechtsmittel statthaft ist, bei welcher Stelle es in welcher Form und letztlich in welcher Frist anzubringen ist.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich dadurch nicht nur die Zahl der unzulässigen Rechtsmittel reduziert, sondern dass sich die Zahl der Rechtsmittel insgesamt erhöht. Der Schuldner kann sich durch die Belehrung nämlich durchaus auch aufgefordert sehen, ein Rechtsmittel einzulegen. Die Entwicklung wird ab dem 1.1.2014 deshalb zu beobachten sein.

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