I. Das Problem
Schuldner und Gläubiger wollen, der Gerichtsvollzieher aber nicht
Der Gerichtsvollzieher wurde wegen einer Forderung in Höhe von rund 4.900 EUR mit der gütlichen Einigung und nachfolgend der Sachpfändung in das bewegliche Vermögen des Schuldners beauftragt. Der Schuldner war mit einer Ratenzahlungsvereinbarung über monatliche Raten in Höhe von 100 EUR einverstanden. Der Ratenhöhe hat der Gläubiger zugestimmt, weil der Schuldner aufgrund seines Einkommens objektiv keine höheren Raten aufbringen kann. Der Gerichtsvollzieher lehnt eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Begründung ab, keinesfalls könne § 802b Abs. 2 Satz 3 ZPO dahingehend ausgelegt werden, dass eine Ratenzahlung über einen Zeitraum von mehreren Jahren durch den Gerichtsvollzieher bewilligt und überwacht werde. Nach einhelliger Lehrmeinung sei die Sollvorschrift so auszulegen, dass der Gerichtsvollzieher Ratenzahlungsanträgen nur dann zustimmen kann, wenn ihm glaubhaft dargelegt wird, dass die Forderung innerhalb von maximal 15 Monaten getilgt wird. Der Leser fragt, ob die Ansicht des Gerichtsvollziehers zutrifft.
II. Die Lösung
Gütliche Einigung ist selbstständige Regelbefugnis
Nach § 802a Abs. 1 ZPO wirkt der Gerichtsvollzieher auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung der Forderungen hin. Dabei soll er nach § 802b Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Um diesem Ziel nahe zu kommen, hat der Gesetzgeber mit der Reform der Sachaufklärung die Aufgabe, eine gütliche Erledigung der Sache zu versuchen, als Regelbefugnis des Gerichtsvollziehers ausgestaltet, § 802a Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Einzelheiten regelt § 802b ZPO. Er hat die früheren, akzessorischen Regelungen der §§ 806b, 813a und b sowie 900 Abs. 3 ZPO abgelöst.
Kein Auftrag erforderlich, aber möglich
Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen, so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) gestatten, sofern der Schuldner glaubhaft darlegt, die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen erbringen zu können. Soweit ein Zahlungsplan festgesetzt wird, ist die Vollstreckung aufgeschoben.
Soll ist nicht Muss: die Tilgungszeit
Die Tilgung soll nach dem Gesetzeswortlaut binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein. Entgegen der Ansicht des Gerichtsvollziehers im Fall des Lesers steht die Dauer der Ratenzahlungsvereinbarung allein im Ermessen des Gläubigers. Dies hat der Gesetzgeber in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages eindeutig zum Ausdruck gebracht (BT-Drucks 16/13432, S. 43). Dort heißt es:
Im Wortlaut: die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages
"Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass der Gerichtsvollzieher auch angesichts der Sollvorschrift in Abs. 2 Satz 3 in Ansehung der konkreten Umstände einen Zahlungsplan mit dem Schuldner vereinbaren darf, der über zwölf Monate hinausgeht. Der Gläubiger kann gemäß Abs. 3 Satz 2 widersprechen; umgekehrt kann der Gläubiger auch schon im Voraus dem Gerichtsvollzieher hierzu sein Einverständnis geben. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz der Herrschaft über das Zwangsvollstreckungsverfahren. Der Gläubiger bestimmt Beginn, Art und Ausmaß des Zugriffs und ist “Herr des Verfahrens’".
Vorliegend war die Ratenzahlung alternativlos
Nach dem mitgeteilten Sachverhalt entsprach es den Umständen des konkreten Einzelfalles, die Ratenzahlung des Schuldners in Höhe von 100 EUR monatlich anzunehmen. Eine höhere Leistungsfähigkeit war nicht gegeben. Dies abzulehnen stand dem Gerichtsvollzieher nicht zu und kommt einer Verweigerung gleich. Hat der Schuldner keine höhere Leistungsfähigkeit und würde man gleichwohl der Auffassung des Gerichtsvollziehers folgen, wäre die Forderung nicht mehr durchsetzbar, obwohl eine Leistungsfähigkeit in Höhe der Raten bestand. Das entspricht weder der Rechtslage noch gibt es hierfür einen sachlichen Grund. Insbesondere kann die Länge der notwendigen Überwachung durch den Gerichtsvollzieher einer solchen Vereinbarung nicht entgegenstehen. Nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO ist es gerade Aufgabe des Organs, dem Bemühen des Gesetzgebers um eine gütliche Einigung zwischen den Vollstreckungsparteien durch eine entsprechende praktische Handhabung Rechnung zu tragen. Die mögliche Arbeitsbelastung des Gerichtsvollziehers wird durch die ihm zufließenden Gebühren nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz abgegolten.
Keine entgegenstehende Literatur
Die von dem Gerichtsvollzieher in seiner Ablehnung ohne nähere Fundstellen genannte "einhellige Lehrmeinung", dass der Auftrag auf gütliche Erledigung abzulehnen ist, wenn ihm nicht glaubhaft dargelegt wird, dass die Zahlung innerhalb von maximal 15 Monaten getätigt wird, existiert nicht. Das Gegenteil ist der Fall. So wird bei Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 802b Rn 12 ausgeführt, dass der Gerichtsvollzieher längere Zahlungsfristen festlegen kann. Von einer Begrenzung auf 15 Monate ist dort keine Rede. Auch Wagne...