Wird auf einen Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner zugegriffen, geschieht dies in erster Linie im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Pfändung fälligen Ansprüche. Da die Pfändung nicht wiederholend ausgebracht werden soll, stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise auch künftig fällig werdende Ansprüche pfändbar sind.
Fälligkeit ist für Pfändung unerheblich
Grundsätzlich müssen die zu pfändenden Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Pfändung nicht fällig sein. Ein gepfändeter Anspruch ist dann eben zu einem späteren Zeitpunkt fällig und auch erst dann vom Drittschuldner auszuzahlen. Das hat der Drittschuldner im Rahmen der Erklärung nach § 840 ZPO mitzuteilen und der Schuldner in gleicher Weise nach § 836 Abs. 3 ZPO offenzulegen und durch Nachweise zu belegen.
Hinweis
Eine gesetzliche Regelung hierzu findet sich für Arbeitseinkommen in § 832 ZPO. Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich danach auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge. Auch für Ansprüche aus dem Kontokorrent enthält § 833a ZPO eine entsprechende Regelung, wonach das Guthaben der auf die Pfändung folgenden Tage auch von der Pfändung umfasst ist.
Pfändbar ist eine Geldforderung auch bereits vor der Fälligkeit, wenn sie von einer Gegenleistung abhängig ist oder ein Zurückbehaltungsrecht besteht und wenn sie unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung steht oder unter einer Zeitbestimmung (§ 163 BGB) geschuldet ist (BGH NJW 1970, 241).
Voraussetzung der Pfändung künftiger Forderungen
Von einer verzögerten Fälligkeit ist das – nicht sichere, aber mögliche – spätere Entstehen einer Forderung zu unterscheiden. Auch die Pfändung solcher zukünftiger Rechte ist zulässig, wenn eine Rechtsbeziehung besteht, aus der diese Rechte nach ihrer Art und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden können. Die Anforderungen sind strenger als diejenigen an eine Abtretung zukünftiger Forderungen, bei denen die Bestimmbarkeit genügt. Die Forderung muss sich aus einer ganz konkreten Rechtsbeziehung ergeben. Diese besonderen Voraussetzungen der Pfändung künftiger Rechte hat der Gläubiger schlüssig darzulegen (OLG Köln WM 1986, 1421). Sie liegen bei der Pfändung künftigen Arbeitseinkommens im bestehenden Arbeitsverhältnis, § 832 ZPO, ebenso vor wie bei der Pfändung künftiger Renten.
Beispiel
Der Schuldner zahlt in die Rentenversicherung ein. Ob er jemals einen Rentenanspruch erwirbt bzw. das Rentenalter erreicht, ist offen. Insoweit stellt sich die Frage, ob gleichwohl die Rentenansprüche des Schuldners schon gepfändet werden können. Das hat der BGH (InVo 2003, 192 = NJW 2003, 1457) angenommen. Zukünftig entstehende oder fällig werdende laufende Geldansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind danach pfändbar, sofern die Ansprüche in einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis wurzeln. Das noch nicht rentennahe Alter des Schuldners steht einer solchen Pfändung grundsätzlich nicht entgegen.
Rente: ja – Steuererstattung: nein
In Anerkennung der grundsätzlichen Pfändbarkeit von erst in der Zukunft entstehenden Ansprüche hat der Gesetzgeber für Steuererstattungsansprüche in § 46 Abs. 6 AO eine Ausnahme normiert. Sie sind aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung erst pfändbar, nachdem sie auch entstanden sind. Da in Deutschland die maßgeblichen Steuern Jahressteuern sind und der Erstattungsanspruch so erst mit dem Abschluss des Steuerjahres entstehen kann, sind Steuererstattungsansprüche aus einem laufenden Kalenderjahr erst mit dem Beginn des Folgejahres pfändbar. Ein früher erlassener und/oder zugestellter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss geht insoweit ins Leere.
Hinweis
Da die Pfändung regelmäßig nicht auf das laufende Kalenderjahr beschränkt werden soll, sind durchaus frühere Erstattungsansprüche schon pfändbar. Viele Schuldner verkennen nach Arbeitslosigkeit oder Trennung ihren steuerlichen Erstattungsanspruch ebenso wie bei hohen Werbungskosten. Auch zeigen sich viele überfordert, eine Steuererklärung auszufüllen. Das kann mit dem Schuldner besprochen werden, der dann die Steuererstattungsansprüche früherer Jahre auch abtreten kann, um die kostenintensive Pfändung zu vermeiden.
Zeitpunkt der Pfändung
Eine künftige Geldforderung kann gepfändet werden, sobald eine rechtliche Grundlage vorhanden ist, die ihre Bestimmung der Art und der Person des Drittschuldners nach ermöglicht (OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 512). Das ist etwa bei der Rente der Fall, sobald der Schuldner über eine Rentenversicherungsnummer verfügt und erste Beiträge gezahlt wurden
Checkliste: Pfändbare künftige Forderungen
Neben künftigen Lohn- und Gehaltsforderungen sind z.B. die nachfolgenden künftigen Forderungen grundsätzlich als pfändbar anerkannt:
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der Anspruch auf Pfändung künftiger Renten (BGH InVo 2003, 192 = NJW 2003, 1457), |
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der Anspruch auf die Auszahlung künftiger Aktivsalden aus einem Giro- u... |