Die Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung betrifft zunächst § 802d in der bis zum Inkrafttreten des "Reparaturgesetzes" zur Reform der Sachaufklärung (BGBl I, 2016, 2591) geltenden Fassung. Die gesetzliche Neuregelung bringt wohl die vom BGH geforderte gesetzliche Einschränkung der Dispositionsbefugnis des Gläubigers.
Hinweis
Dass der BGH diese als dem Vollstreckungsrecht wesensfremd ansieht und den Gläubigern wohl tatsächlich ein unter dem Blickwinkel von Art. 14 GG verfassungsrechtlich zumindest bedenkliches "Sonderopfer" abverlangt wird, für das sie nicht nur nicht entschädigt werden, sondern sogar noch teuer bezahlen müssen, wird daran nichts ändern, bis ein entnervter Gläubiger den Weg zum Bundesverfassungsgericht beschreitet. Die Ausführungen des BGH kommen zu spät, um den Gesetzgeber von dieser unsinnigen (Goebel, FoVo 2016, 201, 204) Regelung abzuhalten.
GV werden Praxis unter der Neuregelung fortsetzen
Die bisherige Praxis der GV, ein nicht benötigtes und deshalb datenschutzrechtlich auch unmittelbar zu sperrendes VV zu übersenden, wird also mit neuer Begründung fortgesetzt und die Entscheidung geht für künftige Vollstreckungsanträge ins Leere. Es bleibt also nur, die Praxis hinzunehmen oder alternative Wege der Informationsbeschaffung zu beschreiten (hierzu Goebel, FoVo 2016, 201, 205 und FoVo 2016, 190).
Zwei wichtige Aspekte für den Gläubiger
Gleichwohl ist die Entscheidung nicht bedeutungslos; ganz im Gegenteil. Zwei zentrale Punkte sind zu sehen:
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Der BGH konkretisiert den Umfang der Dispositionsbefugnis des Gläubigers und widerspricht dabei insbesondere den einschränkenden Auslegungsversuchen interessierter Kreise. |
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Die Entscheidung begründet ganz erhebliche Rückzahlungsansprüche der Gläubiger wegen der gesetzwidrigen Sachbehandlung von Vollstreckungsaufträgen durch die Gerichtsvollzieher in der Vergangenheit. |
Umfang der Dispositionsbefugnis wird geklärt
Der BGH räumt mit der insbesondere von den Gerichtsvollziehern und ihren Medien vertretenen These auf, dass die Dispositionsbefugnis des Gläubigers nur das "Ob" eines Vollstreckungsauftrags und nicht auch das "Wie" betrifft. Er stellt klar, dass der Gläubiger auch das "Wie" des Vollstreckungsauftrags bestimmt, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen:
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Die Dispositionsbefugnis darf nicht durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung beschränkt sein. |
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Die vorgenommene Beschränkung muss durch den Gerichtsvollzieher ohne weiteres prüfbar sein. |
Hinweis
Das als Ausfluss der Dispositionsbefugnis in dieser Weise begründete Weisungsrecht des Gläubigers gegenüber dem GV hat der Gesetz- und Verordnungsgeber auch längst in § 31 Abs. 2 und 58 Abs. 2 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) gesehen. Danach hat der GV Weisungen des Gläubigers Rechnung zu tragen, soweit diese nicht dem Gesetz oder den GVGA widersprechen. Insoweit obliegt es nicht dem Gläubiger zu begründen, dass sein Antrag gesetzlich zulässig ist, sondern dem GV, die konkrete Norm zu benennen, gegen die der Auftrag verstoßen soll.
Rückforderungsansprüche gegen den GV
Die GV haben in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen die beschränkende Weisung des Gläubigers – wie sich aus der Entscheidung des BGH nun ergibt: gesetzeswidrig – missachtet, das "zu alte" VV übersandt und dafür eine Gebühr nach Nr. 261 KV GvKostG von 33 EUR nebst der Auslagenpauschale nach § 716 KV GvKostG von 20 % = 6,60 EUR, insgesamt also 39,60 EUR in Rechnung gestellt. Tatsächlich standen ihnen bei einem vom Gläubiger nicht gewollten VV nur die Nichterledigungsgebühr nach Nr. 604 KV GvKostG von 15 EUR zuzüglich der hierauf bezogenen Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG von 3 EUR, d.h. insgesamt 18 EUR zu. In jedem Einzelfall liegt also eine Überzahlung von 21,60 EUR vor. Dieser Betrag ist auf Anforderung des Gläubigers sowohl unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung als auch der falschen Sachbehandlung nach § 7 GvKostG zurückzuzahlen. Andernfalls kann mit der Kostenansatzerinnerung nach § 5 GvKostG eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.
FoVo 12/2016, S. 227 - 233