Mindestlohnverordnung bekannt gemacht …
Im Bundesgesetzblatt vom 18.11.2016 wurde nun die Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns (Mindestlohnverordnung – MiLoV) v. 15.11.2016 bekannt gemacht. Danach steigt der Mindestlohn ab dem 1.1.2017 von 8,50 EUR auf 8,84 EUR. Bei einer 38,5-Stunden-Woche bedeutet dies, dass der Mindestbruttolohn von 1.418,08 EUR auf 1.474,81 EUR steigt. Das hat auch Auswirkungen auf die Zwangsvollstreckung.
… was neue Pfändungsoptionen eröffnet
Ausgehend von dem neuen Mindestlohn kann sich bei der Pfändung von Arbeitseinkommen erstmals überhaupt ein pfändbarer Betrag ergeben oder der pfändbare Betrag kann sich erhöhen.
Beispiel
Bei einem 30-jährigen, keiner Person unterhaltspflichtigen Schuldner mit der Lohnsteuerklasse 1, der keine Kirchensteuer entrichten muss, ergibt sich ein Nettolohn von 1.089,42 EUR. Daraus leitet sich ein pfändbarer Betrag von 4,28 EUR ab.
Noch besser: Überstunden
Muss der Schuldner mehr als 38,5 Stunden in der Woche arbeiten oder leistet er – nach § 850a ZPO zur Hälfte zu berücksichtigende – Überstunden, erhöht sich der pfändbare Betrag weiter.
Beispiel
Bei einem 30-jährigen, keiner Person unterhaltspflichtigen Schuldner mit der Lohnsteuerklasse 1, der keine Kirchensteuer entrichten muss, allerdings nicht 38,5 Stunden arbeitet, sondern zu berücksichtigende 43 Stunden (38,5 + 7 Überstunden, von denen 3,5 zu berücksichtigen sind), führt der Mindestlohn zu einem Bruttolohn von immerhin 1.647,19 EUR, woraus ein Nettolohn von 1.180,41 EUR und damit ein pfändbarer Betrag von 74,28 EUR folgt.
Der verheiratete Schuldner
Ein verheirateter Schuldner, dessen Ehegatte aber über ein 500 EUR übersteigendes eigenes Einkommen verfügt, steht sich auch schlechter.
Beispiel
Durch die bessere Lohnsteuerklasse 3 ergibt sich bei einem Bruttoeinkommen von weiterhin 1.474,81 EUR (38,5-Stunden-Woche) ein höheres Nettoeinkommen von 1.169,25 EUR, während die gesetzlich unterhaltsberechtigte Person nach § 850c Abs. 4 ZPO – allerdings nur auf Antrag des Gläubigers – unberücksichtigt bleibt. Der pfändbare Betrag steigt so auf 60,28 EUR, während er nach dem bisherigen Mindestlohn von 8,50 EUR nur 32,28 EUR betrug. Der pfändbare Betrag steigt also um 28 EUR.
Fazit
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Mindestlohnverordnung dem Gläubiger neue Pfändungsoptionen gibt, die es zu nutzen gilt. Dies umso mehr, als das Fenster hierfür wohl nur von Januar bis einschließlich Juni 2017 reicht, weil zum 1.7.2016 die Pfändungsfreibeträge wohl schon wieder steigen. Dabei müssen insbesondere Pfändungen von Arbeitslohn wieder aufgerufen werden, bei denen der Drittschuldner bisher einen pfändbaren Betrag verneint hat. Unterstellen Sie nicht, dass der Arbeitgeber als Drittschuldner solche Lohnsteigerungen von sich aus berücksichtigt, wenn die Pfändung schon einige Zeit zurückliegt. Nicht jeder Arbeitgeber überwacht Pfändungen elektronisch.
Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 12/2016, S. 223 - 224