"Überfallartige" Forderungseinziehung?
In der Literatur wird trotz des anerkannten Verzuges durch die Selbstmahnung die Auffassung vertreten, dass die unmittelbare Abgabe an einen Rechtsdienstleister "überfallartig" sei (Jäckle, VuR 2016, 60, 63). Da es möglich sei, dass die Rücklastschrift aus Gründen, die nicht in die Risikosphäre des Schuldners fallen, erfolge, müsse nach Treu und Glauben verlangt werden, dass der Gläubiger zumindest noch einmal mahne, um dieses Risiko zu auszuschalten. Mahne er nicht, so liege darin eine Obliegenheitsverletzung, die der Schuldner nach § 254 Abs. 2 BGB dem Erstattungsanspruch des Gläubigers entgegenhalten könne.
Hinweis
Die Obliegenheit des Gläubigers wird nur behauptet, aber in ihrem Ursprung nicht begründet. Aus der Feststellung des Verzuges ergibt sich zugleich, dass der Gläubiger das seinerseits Erforderliche getan hat. Es obliegt dem Schuldner sicherzustellen, dass sein Konto gedeckt ist, bevor er eine Lastschrift unterzeichnet. Die Zuordnung von Obliegenheiten darf nicht willkürlich geschehen.
Verschulden, Regressansprüche und Kosten sehen
Dem kann im Ergebnis nicht gefolgt werden (so auch LG Düsseldorf, 8.6.2017 – 14c 169/15 Rn 68). Zum einen übersieht die Auffassung, dass auch das Verschulden an der Nichtleistung als Pflichtverletzung Tatbestandsvoraussetzung des Verzuges ist. Wird die Lastschrift also ohne Verschulden des Schuldners nicht eingelöst, so liegt schon gar kein Verzug vor. Allerdings hat der Schuldner dabei nicht nur für sein Eigenverschulden, sondern nach § 278 BGB auch für das Fremdverschulden seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen.
Liegt ein dem Schuldner zurechenbares Fremdverschulden vor, hat er regelmäßig seinerseits einen Ersatzanspruch gegen den Dritten. Der Schuldner ist also im Sinne des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht schutzwürdig.
Letztlich ist zu sehen, dass es nicht mit einer einfachen Mahnung durch den Gläubiger getan ist. Bei Lastschriften im Einzelhandel fehlt dem Gläubiger etwa die Kenntnis von Namen und Anschrift des Schuldners. Die Ermittlung dieser notwendigen Daten erfordert in der Praxis einen erheblichen Aufwand. Allein die Fremdkosten liegen bei 10 bis 60 EUR. Dazu müsste die Ermittlung durch den insoweit nicht spezialisierten Gläubiger erfolgen. Dies darf er grundsätzlich aber einem Rechtsdienstleister überantworten.
Hinweis
In einem aktuellen Fall ist deshalb das LG Düsseldorf (8.6.2017 – 14c 169/15) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Inkassokosten nach einer geplatzten Lastschrift grundsätzlich durch den Schuldner aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu ersetzen sind, auch wenn der Gläubiger keine Eigenmahnung mehr versandt hat. Untersagt wurde es lediglich, daneben auch noch "Fallpauschalen" geltend zu machen.
Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 12/2017, S. 221 - 224